Das Geheimnis der Schönheit

oder: der Goldene Sch(n)itt

von Bdolf

 

Käpt’n Köhmbuddel war schwer angesäuert. Nicht nur drohte er eine Wette gegen den Obermaat seines stolzen Schiffes – des Küstenseglers „Prüde Nutte“ – bezüglich des Seitenverhältnisses beim Goldenen Schnitt zu verlieren – im Suff war ihm irgendwas von 7:4:3 im Kopf herumgespukt – nüchtern war ihm auch nicht mehr klar, warum.

Hatte er getrunken gehabt? Hmm … das war wahrscheins nicht ganz falsch – aber was nun, war er See- und Fahrensmann – oder Waschweib, Roggenbrötchen, Kastrat, Landratte, Berufspolitiker, Leberkranker … oder was?

Mit dem Ersten Maat wetten, was der Goldene Schnitt sei und wie und warum und weshalb … und überhaupt? So’ne idiotische Idee – hätte glatt von’ner Landratte stammen können, diese Scheißhausidee – und – ein leichter Schimmer Röte überzog des Käpt’ns Charaktergesicht – er hatte immer noch keinen Schimmer, was das eigentlich bedeuten solle, wie sich das verhielt und so weiter (1) … –

Dieser Hurenjunge von einem Drecksmaat! Rangekriegt hatte der ihn!

Der schurkische Maat hatte ihm höhnisch lächelnd eine Formel vorgesagt, die sich nur dadurch erklären ließ, dass der Heini – Hein Buttnase, um seinen Namen zu nennen – vor Zeiten versucht hatte, die Matura auf dem Zweiten Bildungsweg nachzuholen – aber heute war die Mannschaft insgesamt etwas lahmarschig, lendenlahm und überhaupt zu aufmüpfig …

Käpt’n Köhmbuddel hasste das. Er war kein guter Verlierer und weiß Gott (Christliche Seefahrt!) kein Kapitän, der auf sorgsam gepflegte Sozialpartnerschaft gesteigerten Wert legte.

Buttnase kam an und forderte seinen Wetteinsatz – den pekuniären Gegenwert eines Bordellbesuchs im nächsten Hafen. Ärgerlich wählte der Käpt’n eine Ausflucht („Geldbeutel unten in der Kajüte …“). Grummelnd zog Buttnase ab, zwischen seinen fleischigen Lippen etwas hervorpressend, das sich wie „Meuterei … beim Klabautermann …!“ anhörte, keinesfalls Musik in des Kapitäns sensiblen Ohren …

Hier musste dringend etwas für die Nerven getan werden –

Er ließ sich vom Smutje eine Flasche Danziger Goldwasser aushändigen und trollte sich wieder auf Deck. Er scheuchte den Hilfsmaat zur Ruderwache und griff sich das herab baumelnde Ende des Fallreeps auf die Großfock. Die Buddel in den Hosenbund und flink und munter wie ein kleines Äffchen erklomm er den Hauptmast, pflanzte sein enormes Hinterteil auf die Rahstange und zog mit seinem eisernen Gebiss den Korken aus der Buddel, nicht ohne natürlich zuvor das Fallreep eingeholt zu haben. Ha! Hier oben konnte ihm nun keiner was. Diese Ruhe! Die endlos grüne See, um den Kiel des mächtigen Schiffes gischtend … Köhmbuddel intonierte während seiner kräftigen Züge aus der Buddel die ewigen Seefahrergesänge und nach jedem zweiten Schluck brabbelte er „die See, die wahre Braut des Seefahrers … Weiber sind doch nur alle Votzen, außer Mutti natürlich …!“, denn nur diese heilige Formel garantierte, dass Freund Hein und/oder der Klabautermann auf gebührender Distanz blieben –

Hach! Die Flasche leer und Käpt’n Köhmbuddel fühlte sich fidel wie lange nicht – „uns ist so kannibalisch wohl, als wie einem Rudel Säuen …!“, zuckte ihm ein Zitat aus seinen Schülertagen durch das auf den Wogen der Milchstraße bramarbasierende Gehirn.

Endlich! Seine große Stunde! Pünktlich wie die Eieruhr stellte sich sein gewohnter Schnapsdurchfall ein. Sorgfältig stellte er sicher, dass er sein Gesäß mit dem Wind platziert hatte und entließ einen gewaltigen Schwall deckwärts. Und noch einen. Und noch einen.

Von unten lautstarker Protest! Hähähä! Tscha, „unverhofft kommt oft“ und alles Gute kam schließlich von oben … Neugierig linste er nach unten. Har har! Seine Jungs sahen aus wie frisch … vergoldet. War ja schließlich auch Danziger Goldwasser!

(1) Dem Käpt’n kann geholfen werden: a:b=(a+b):a; mit „a“ als Major, „b“ als Minor


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