oder: Er hat’s gefressen
von Ní Gudix

Ab in die Restmüllkiste,
Deckel zu, Klappe dicht.
Ein Ausgestützter biste,
kack uns nicht ins Gesicht,
warte auf allen Vieren
schön auf deinen Bescheid.
Den darfste dann apportieren.
Na komm, sei brav, sei gscheit!
Und sie kommen gekrochen,
brav ihre Wische im Maul.
Das Stützeamt gibt dir nen Knochen.
Schnell biste bloß noch ihr Gaul,
ihr Piffpaffloffsches Hundchen,
das schwanzwedelnd Männchen macht,
kaum kriegt es sein Leberwurstpfundchen
und sein Literchen Malzbier verbracht.
Früher warste mal Freiberufler,
ein glorreicher Wurschtler gesamt.
Erst Ober-, dann Unterstufler,
und dann hieß es plötzlich: Amt.
Du kriegtest die Formulare
und wurdest numeriert.
Sei bloß nicht der Undankbare!
Das Hundehalsband klirrt.
Sie kamen in deine Kolchose
und maßen jeden Fleck.
Den Computer machten sie lose
und sagten, es gäb keinen Scheck,
denn die Wohnung sei zu geräumig,
der PC, der sei zu gut,
der Kaffeeautomat zu schäumig,
und ein Stützi braucht auch keinen Hut.
Sie hatten für alles Tabellen,
und kreuzten dich spaltenweis an.
Sie brachten dir bei zu bellen
und legten die Leine dir an.
Dann ging es ab zum Wertstoffhof,
da kommt der Restmüll rein,
da prüft man dann: wie brav und wie doof
und Wedelschwanz kann der sein?
Ab in die Restmüllkiste,
Deckel zu, Klappe dicht.
Ein Ausgestützter biste,
kack uns nicht ins Gesicht,
warte auf allen Vieren
schön auf deinen Bescheid.
Den darfste dann apportieren.
Na komm, sei brav, sei gscheit!
So läuft das nun schon ne Weile.
Ich bin ein braver Hund.
wenn nicht, kriege ich Keile,
also halt ich den Mund.
Für alles hab ich Zahlen,
Normen und Werte hier.
Natürlich leid ich Qualen,
doch das ist nicht mehr mein Bier.
Ich fühle mich ganz gut
und bin eigentlich recht froh.
Was brauch ich schon einen Hut?
Der fällt einem eh mal ins Klo.
Die Stütze reicht zum Leben,
das haben die festgestellt,
die’s wissen müssen, eben.
Was interessiert mich Geld?
Ich hab hier meine Zelle,
ich habe hier mein Bier,
und wer so ist wie ich, so helle,
der kriegt auch mal drei oder vier.
Ich fühle mich ganz wohl so,
das Amt paßt auf mich auf.
Ich sitz doch echt im Kohl, so.
Das andre nehm ich in Kauf.
Kürzlich sagte einer zu mir:
Willkommen, Genosse, im Club!
Trink unter uns Revoluzzern ein Bier!
Wir sind doch der Front-Agit-Trupp!
Wir sind die Progressiven!
Krieg dem Establishment!
Wir soffen uns glücklich und schliefen,
und ich dachte: sackzement!
Ab in die Restmüllkiste,
Deckel zu, Klappe dicht.
Ein Ausgestützter biste,
kack uns nicht ins Gesicht,
warte auf allen Vieren
schön auf deinen Bescheid.
Den darfste dann apportieren.
Na komm, sei brav, sei gscheit!
Lichtwolf Nr. 40 („Zahlen, Ziffern und Nummern“)
Grundrechnen, Zählen und Bezahltwerden, Schulnoten sowie die 16 besten Zahlen zwischen 0 und 9 plus unendlich werden in diesem 90-seitigen DIN-A4-Paperback durchdacht, außerdem Bergwerksdichtung sowie Roman vs. Kurzgeschichte.
Details /
Bestellung Inhaltsverzeichnis
- Einleitung ins Titelthema: Zahlen, Ziffern und Nummern
- Propädeutikum und Prolegomena zum Thema „Zahlen, Ziffern und Nummern“
- Weißt du, wie viel Sternlein stehen
- Wer zahlt, Du zahlst, Erzählung
- Referenzpunkte im Chaos
- Kein Anschluss unter dieser Nummer
- Zählbarkeit statt Subjektivität und Existenzerfahrung
- Der Lichtwelpe: Zinsgewinne
- „Eigentlich wollte ich was mit Buchstaben machen“
- Ökologische Lehrfabel
- Subtraktion statt Subversion
- Kolchosmose in Stützistan
- Ausgegründetes Sonett mit Bedarfsgemeinschaft
- Es hartzt so hartz
- Notennot
- Zahlen, bitte!
- Was ein Wort ist
- Bewusstsein binärer Beliebigkeit
- Im Plattenladen
- Das Geheimnis der Schönheit
- Die besten Zahlen zwischen 0 und 10
- Das Dezimalsystem – Segen oder Fluch?
- Das Gerede vom Herbst 2012
- Kurz & Klein 40
- Pro Domo et Mundo 40
- Wo kein Professor zu Handen, …
- Wann hört man auf zu fragen?
- Zur Verteidigung des Romans