Links der Woche, rechts der Welt 40/20

Frauen gegen Faschos

Hinter jeder großen Frau steht ein cooler Typ. Bei Hannah Arendt war es Heinrich Blücher, vom dem zwei Essays aus dem Nachlass herausgegeben wurden, die dem Tagesspiegel zufolge seine Rolle in der ehelichen Denkwerkstatt wiederspiegeln. Apropos Faschismus: Katrin Henkelmann hat einen Sammelband herausgegeben, in dem das Konzept des „autoritären Charakters“ aktualisiert wird. Im Freitag-Interview erklärt sie, warum Konformismus und Revolte heutzutage prima zusammengehen. Eine originelle Erklärung dafür, warum die „Querdenker“ und Corona-Leugner im Südwesten so zahlreich sind und Heidegger verschwörungsgläubig war, bietet BaWüs Antisemitismus-Beauftragter Michael Blume im taz-Interview. Derweil nimmt Spektrum einige der Mythen auseinander, die über Covid-19 und Mundnasenschutz verbreitet werden.

Ist das nicht alles ein bisschen viel? Die SZ hört sich bei Psychologen um, wie wir mit dem Dauerfeuer aus Corona-Krise plus Klimakatastrophe (und Faschos) klarkommen. Und das ist noch nicht alles: Toby Ord erforscht am Future of Humanity Institute in Oxford die nicht geringen existentiellen Risiken für den Fortbestand der Menschheit (bekannt aus LW67) und rät ihr in seinem neuen, von der FAZ vorgestellten Buch, endlich erwachsen zu werden.

Männer lieben Frauen vor allem, wenn sie tot oder sonstwie unterworfen sind, so die These, die Klaus Theweleit in seiner vierbändigen Kulturgeschichte des Patriarchats ausführt. Das Opus magnum wurde nach 20 Jahren überarbeitet, Glanz & Elend stellt die Neufassung vor. Originell findet die taz Hedwig Richters Fusion einer Geschlechter-, Mentalitäts- und Institutionengeschichte der deutschen Demokratie seit dem 19. Jahrhundert. Zweifellos hat sich die Öffentlichkeit in der Zwischenzeit vor allem durchs Internet verändert. Die FAZ stellt eine soziologische Studie vor, die Anonymität und soziale Kontrolle im Netz untersucht hat.

 

Was vom Wald bleibt

Die Deutschen lieben ihren Wald, doch er ist, wie die FR aufzählt, längst auch Schlachtfeld für allerhand soziale Konflikte geworden (leider endet der Artikel ganz plötzlich; vollständig beim RND). Über Tierrechte unterhalten sich Bernd Ladwig und Jürgen Wiebicke im Philosophischen Radio des WDR 5.

(Photo: Kanenori, pixabay.com, CC0)

„Das Prinzip Verantwortung“ von Hans Jonas wird dagegen komplett wiederaufgelegt und sein Plädoyer für eine planetarische Verantwortungsethik allem Leben gegenüber enthält laut Tagesspiegel sowohl Tiefenökologie als auch Öko-Diktatur.

Die herrschende Ordnung verheert Landschaften ebenso wie Geist und Körper aller Lebewesen; dem setzt Eva von Redecker in ihrem neuen Buch eine „Revolution für das Leben“ entgegen, die der Tagesspiegel als die innovative politische Theorie für unsere Umbruchszeiten feiert. Deren Krisensymptome sind das Thema des Gesprächsbands „Zeitenwende“ von Michel Friedman und Harald Welzer; die taz bringt einen Auszug zum Thema Europa.

 

Junges und altes Denken

Giuseppe Paterno ist mit 96 Jahren Italiens ältester Student und hat gerade trotz Corona-Krise seinen Abschluss in Geschichte und Philosophie gemacht. Die FAZ begleitet den Gang des frischgebackenen Kollegen in Bild und Wort. Die taz derweil unterhält sich mit Deutschlands (einst) jüngstem Philosophie-Professor Markus Gabriel über moralisches Wachstum, China, soziale Medien und Irrtümer in Identitätsdebatten. Etwas jünger ist der französische Philosoph Gaspard Koenig (* 1982), der laut FAZ mit einem Pferd auf den Spuren Montaignes von Bordeaux nach Rom unterwegs ist und gerade den deutschen Südwesten bewundert. Auch Malte Oppermann ist ein junger Mann, der dem Zeitphänomen des Augenblicks einen von der ZEIT bewunderten Essay gewidmet hat. Sie alle können sich auf die Midlife-Crisis freuen, die Männern um die 40 droht und von Susanne Lübben in ihrem Buch „Dry Aged“ beschrieben wird, aus dem Spektrum einen Auszug pro domo et mundo bringt.

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