Links der Woche, rechts der Welt 01/22

Tiere und Maschinen

Die FAZ war in einer Ausstellung über die Tiere des Königs in Versailles, „die einem die Augen übergehen lässt und viel zu denken gibt“, denn der Absolutismus war in Sachen Tierliebe und Tierethik viel weiter als Descartes, der das Viehzeug bekanntlich für Maschinen hielt.

Der Freitag unterhält sich mit Gaspard Koenig über das Zeitalter der künstlichen Intelligenz, das schlimmstenfalls einige ziemlich vormoderne Eigenschaften hat. Paul Hermann Gruner legt sich mit der Deutschen liebstem Kind an: Die FR unterhält sich über seine Kunstaktion „Autos sind tödlich“.

 

Modernes Katastrophen-Kino

Bernhard Wiens nimmt bei Telepolis das Unwort „Ökofaschismus“ auseinander, damit grüner Umweltschutz nicht unversehens brauner Heimatschutz wird.

Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben: Der Netflix-Hit „Don’t look up!“ ist eine Allegorie auf unseren Umgang mit der Klimakatastrophe und die FAZ erklärt, warum das trotzdem so unterhaltsam ist.

Georg Seeßlen denkt in der ZEIT darüber nach, wie der Kinofilm allgemein es fertigbringt, uns in seine Welt zu entführen, und welche Rolle dabei die Digitalisierung spielt, die immer neue Eskalationsstufen erreicht.

 

Absolute Giganten

Johann Georg Hamann ist ein heimlicher Gigant der deutschen Geistesgeschichte, weshalb sich die FR über die historisch-kritische Ausgabe zweier seiner nicht ganz einfachen, aber sehr modernen Werke freut. Auch Theodor Lessing wurde und wird sträflich geringgeschätzt, was die Neuedition seiner „Kleine Schriften 1908-1909“ beheben möge, die im Tagesspiegel vorgestellt wird.

Ganz und gar nicht vergessen sind die Giganten der Atom- und Quantenphysik, denen Tobias Hürter eine zwischen 1895 und 1945 angesiedelte Gruppenbiographie gewidmet hat, die laut SZ keine Physikkenntnisse voraussetzt oder vermittelt.

Wie redest du?!

Was ist ein Dialog und was nicht (mehr)? Darüber macht sich Paul Sailer-Wlasits bei Telepolis Gedanken in Zeiten pöbelhafter Polarisierung. Sind die sozialen Medien schuld? Blödsinn wurde auch schon im England des 18. Jahrhunderts verbreitet, wie Ian Keable in seinem in der FAZ besprochenen Buch über Hoaxes und Fake News avant la lettre dokumentiert. Auch Misstrauen gegen Wissenschaft ist nichts Neues: Die taz unterhält sich mit dem Wissenschaftsjournalisten Philipp Kohlhöfer über Aberglauben in Gesundheitssachen.

 

Bücher früher und heute

Über die antike Papyrusherstellung wissen wir erstaunlich wenig, doch das ist schon spannend genug und wird in der FAZ zusammengetragen. Experimentelle Archäologinnen voran!

Adam Ferner und Chris Meyns haben die bedeutendsten Bücher der Geistesgeschichte zusammengetragen, die zeigen, dass Philosophie immer politisch ist. Spektrum rezensiert sowohl ihr Buch der Bücher auch auch Richard Ovendens mindest so spannende Geschichte der Buchunterdrückung und -vernichtung.

(Photo: myrfa, pixabay.com, CC0)

Dorothea Frede war die erste Frau auf einem Lehrstuhl für antike Philosophie. Die taz portraitiert sie und ihre Ansicht, Philosophie seit auch schon zu aristotelischen Zeiten weiblich gewesen.

Ulrich van Loyen hat einen Essay darüber vorgelegt, wie sich die Mafia literarisch selbst erfand und ihr eigener romantischer Mythos wurde. Die FAZ stellt sein Buch vor.

Der Standard bespricht zwei sehr unterschiedliche Neuerscheinungen von Rüdiger Safranski und Daniel Schreiber über die Einsamkeit. Harald Welzers nahtodmotivierte Gedanken übers Aufhören im Kapitalismus kommen in der FAZ nicht so gut an.

 

Zum dritten Seuchenjahr

Rüdiger Suchsland hat in der Impfdebatte einen sonderbaren Misston vernommen und schildert bei Telepolis, wie in Philosophie und Medien trefflich am Begriff der Freiheit vorbeigeredet wird. Wem könnte das nützen? Einem autoritären Krisenkapitalismus natürlich, der in der Pandemie einübte, was ihm in der Klimakatastrophe helfen wird, wie Timo Reuter im Freitag schreibt. Der Technikfolgenabschätzer Armin Grunwald gibt im NZZ-Interview ein konkretes Beispiel zur Anschauung: Die digitalen Nachverfolgungstechniken sind nun erprobt und in der Welt, wo sie bleiben und sich auch nach der Pandemie weiterentwickeln werden.

Vergangenheiten, mit denen wir im neuen Jahr zu rechnen haben, sind Jahrestage und die FR hat zusammengetragen, was da in 2022 auf uns zukommt – vom Konzil von Pavia (1.000 Jahre) über die Beisetzung von Lady Di (25) bis zur Gründung des Lichtwolf (20).

Die ZEIT denkt darüber nach, warum wir feiern (sollten), und in der FAZ ist zum Jahresausklang zu lesen, warum Hoffnung und Dankbarkeit trotz alledem wichtig bleiben.

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