Links der Woche, rechts der Welt 24/20

Der gesunde Zweifel

Am Beispiel der Kinderpsychologie zeigt Konrad Lehmann bei Telepolis, wie verhängnisvoll wissenschaftliche Fehleinschätzungen sein können. Als Wissenschaftler kann er darum nicht nur über das Vertrauen jubeln, dass Fachleute und ihre Disziplinen in der Corona-Krise gewonnen haben. (06.06.20)

 

Man ist, wie man sich fühlt

Das Emotionsprofil jedes Menschen umfasst sechs Dimensionen, die bestimmen, „wie man die Welt sieht und auf sie reagiert“. Maëlle Kahan und Ilios Kotsou stellen bei Spektrum das neurophysiologische Modell des Hirnforschers Richard Davidson vor. (10.06.20)

 

Mehr vom Gleichen

„Wird der Neoliberalismus einmal mehr gestärkt aus der gegenwärtigen Krise hervorgehen?“, fragt Andreas von Westphalen bei Telepolis und versammelt erstmal widerstrebende Ansichten dazu. Der neoliberale Effizienzwahn hat sich in der Pandemie als Gefahr erwiesen, doch ob das reicht, um wenigstens die Gesundheit nicht allein dem Markt zu überlassen? (10.06.20)

 

Religion und Profit wachsen zusammen

Die Erbsünde der USA: Christian Thomas blickt in der FR auf die Migration englischer Puritaner nach Nordamerika im 17. Jahrhundert, die bald den Sklavenhandel als lukrative Einnahmequelle entdeckten und mit Aristoteles, John Locke und Bibel zu begründen meinten. (12.06.20)

 

Die Pflicht zur Prävention

Könnten Vor- und Rücksicht auf andere sich in der Corona-Krise radikalisieren? Dieser ungewöhnlichen Frage geht Bernadette Grubner in der ZEIT nach. Denn jede Lust ist auch mit einem Risiko verbunden, weshalb die schrankenlose Prävention zwar das Leben aller verlängert, aber auch reizlos zu machen droht. (12.06.20)

 

Eindringen, umbauen, weitermachen

Informationen verbreiten sich wie Viren und Viren nutzen Lebewesen als Medien: Adrian Lobe denkt in der NZZ u.a. mit Jean Baudrillard und Michel Serres über Parallelen und Unterschiede zwischen informationstheoretischen und virologischen Perspektiven auf die moderne Gesellschaft nach. (13.06.20)

(Photo: JESHOOTS-com, Jan Vašek, pixabay.com, CC0)

Bücher

Heinrich Heines Bericht aus dem cholera-geplagten Paris von 1832 wurde neu herausgegeben und der Freitag rät allen, die von einer besseren Welt nach der Pandemie träumen, zur Lektüre. +++ Ulrich Johannes Schneiders Buch über Gemälde, die eine unterbrochene Lektüre darstellen, lädt die FR zu manchen philosophisch-erotischen Spekulationen ein. +++ Die FAZ rezensiert Julian Nida-Rümelins Buch über den rationalen Spagat zwischen individuellen Rechten und Gemeinwohl in der Demokratie. +++ Soraya Chemaly schreibt in „Speak out!“ über den Zusammenhang von Wut, Antirassismus und Frauenrechten; die taz stellt ihr Hand- und Studienbuch vor. +++ In der NZZ lesen wir eine Rezension der Biographie, die Kate Kirkpatrick über Simone de Beauvoir geschrieben hat. +++ Die ZEIT lobt Ursula Wolfs Versuch, die antiken Begriffe von Handlung, Glück und Moral zu aktualisieren. +++ Als guten Einstieg in die mythenumrankte Geschichte der Metropole Babylon empfiehlt Spektrum das Buch der Altorientalistin Karen Radner.

 

Bild und Ton

In Berlin werden in einer Ausstellung, von der die FAZ berichtet, die ikonischen Bilder der Photo-Agentur Magnum gezeigt. Außerdem empfiehlt Spike Lees Film über Vietnamkrieg und Rassismus sowie den Science-Fiction-Film „Die Weite der Nacht“ über das seltsame Rauschen im Äther:

Im DLF gibt es heute eine Lange Nacht über musikalische Autoritäten wie Toscanini und Furtwängler und ihr Verhältnis zum Faschismus. Bei Essay und Diskurs geht es morgen unter der Überschrift „Nahlust statt Fernweh“ um eine neue Reisekultur und Sein und Streit widmet sich u.a. der (neuen) Arbeitswelt und Max Weber. Über die Philosophie in Krisenzeiten sprechen Adriano Mannino und Jürgen Wiebicke im Philosophischen Radio des WDR 5.

 

Berichte aus der Akademie

Die Vorzüge und Nachteile der universitären Online-Lehre in Zeiten von Pandemie und Sparzwang werden im Freitag gegeneinander abgewogen. +++ Das Kontaktstudium der Uni Oldenburg soll geflüchteten Akademikern den beruflichen Einstieg in Deutschland erleichtern; die SZ stellt es vor. +++ Eine Studie darüber, welche Menschen in der Pandemie zum Horten von Klopapier neigen, wird sowohl in der SZ als auch bei Spektrum vorgestellt. +++ Die SZ erklärt außerdem, warum es falsch ist, das, was gerade in den USA abgeht, als „Rassenunruhen“ zu bezeichnen.

 

Trotz Philosophie

Wenn das Reisen pandemiebedingt eingeschränkt wird, lässt es sich besser überdenken, was die Ethnologin Ingrid Thurner im Standard tut. +++ Die pessimistischen und optimistischen Aussichten auf „Lehren aus der Krise“ werden im Tagesspiegel unter Rückgriff auf Hegel, Camus et.al. erwogen. +++ Vor 100 Jahren starb Max Weber an der Spanischen Grippe – wie einige Jahre zuvor Hegel an der Cholera – und Reinhard Mehring denkt in der SZ über ihre letzten Worte nach. +++ Die FAZ gratuliert dem Klimaforscher John Schellnhuber zum 70. Geburtstag, indem sie ihn „Philosoph[en] der Apokalypse“ nennt. +++ Der Freitag unterhält sich mit Markus Gabriel anlässlich seines neuen Buchs darüber, warum es die Welt nicht gibt und Fiktionen und Dissens die Hauptsache sind.

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