Pornos werden fleißig geguckt, aber es wird wenig darüber geschrieben. Christopher Stark „stößt“ bei Telepolis „in diese Lücke“ und liefert sowohl Zahlen und „Fuckten“ zum Tabu als auch Blicke in die Abgründe, die sich schon bei legaler Pornographie im Neoliberalismus auftun. Wo Kritik ist, gibt es dann auch Alternativen und „po“litische Forderungen. (06.07.19)
Warum Gauland Adorno in Schutz nahm
Bereits Adorno ahnte von dem Rechtsextremismus, mit dem man es in Deutschland zu tun hat, aber nicht wahrhaben will, wie Nils Markwardt in der Republik erinnert. Rechter Terror verfolgt seit Jahrzehnten eine ganz spezifische Strategie und rechte Parteien helfen mit. (06.07.19)
In Berlin eröffnet eine Ausstellung über das Essen in der Photographie, was Daniele Muscionico in der NZZ zum Anlass nimmt, gegen Food Porn anzuschreiben: Dieses Zurschaustellen des Mittagessens in Sozialen Netzwerken hat nichts mit der Sinnlichkeit und Ästhetik zu tun, die gutes Essen verdient. (08.07.19)
Manche sagen, man soll es lassen
Martin Krohs erklärt bei der ZEIT, warum die zivile Seenotrettung von Flüchtlingen moralisch relativ ist, und stellt zur Anschauung zwei Denkfiguren einander gegenüber, deren eine tugendethisch argumentiert, während die andere mit Max Weber nach den Folgen einer moralischen Handlung fragt. (11.07.19)
Wie wir nie auf dem Mond waren
In einer Woche jährt sich die erste Mondlandung zum 50. Mal, jedenfalls für alle, die nicht der Verschwörungstheorie anhängen, mit der sich Sebastian Hollstein bei Spektrum beschäftigt. Schon in den frühen 70ern wurden Zweifel an der technischen Machbarkeit der Mission laut, die Bill Kaysing alsbald zu einem Meisterwerk alternativer Fakten und popkultureller Ambiguität ausbaute. (12.07.19)
Bücher
Michael Hampe will mit „Die Dritte Aufklärung“ die Philosophie zum Mittel gegen Grausamkeit machen und der Tagesspiegel rezensiert das Buch. +++ Nick Bostrom blickt in seinen Aufsätzen munter in die posthumane Zukunft und der Freitag stört sich etwas an seinem allzu utilitaristischen Weltbild. +++ Simeon Wade lud sein Idol Michel Foucault 1975 zu etwas LSD ins Death Valley ein – bisher eine Legende, die nun durch ein nachgelassenes Buch belegt wird, das die FAZ vorstellt. +++ Die FR rezensiert Rebecca Solnits Essayband über die vielen Formen des aufrechten Ganges, der auch vor 20 Jahren im englischen Original „Wanderlust“ betitelt ist. +++ Der Nachlassband „Auf den Schultern von Riesen“ enthält zwölf Vorträge Umberto Ecos und lässt die FAZ wehmütig über das Fehlen dieses engagierten Intellektuellen seufzen. +++ Die taz ist merklich aufgewühlt durch die beiden Bücher, in denen David Shield „Selbsterforschung als politische Charakterkunde“ betreibt und die Sackgassen toxischer Männlichkeit ausleuchtet. +++ Kieran Setiya holte sich mit Philosophie aus seiner Midlife-Crisis und die FAZ muss in den Kalenderspruch-Weisheiten seines Ratgebers doch arg nach Philosophie suchen. +++ Deborah Danowski und Eduardo Viveiros de Castro verbinden in ihrem Buch, das die SZ vorstellt, eine Phänomenologie der Weltuntergänge, Klimakatastrophe und Kapitalismuskritik. +++ Außerdem bespricht die SZ das Buch des Romanisten Markus Messling, der den Begriff der Universalität beleuchtet, indem er fragt, was aus der Frankophonie wird, wenn Paris nicht mehr ihr einziges Zentrum ist. +++ Die Entstehung und Entwicklung der Schriftsprache „zeichnet“ Vitali Konstantinovs Comic-Sachbuch nach, das in der FAZ vorgestellt wird.
Radio
Im Philosophischen Radio des WDR 5 sprechen Karl-Heinz Göttert und Jürgen Wiebicke über das menschliche Verhältnis zur Natur. Im DLF kommt heute Abend die Lange Nacht über die Familie Wittgenstein. Bei Essay und Diskurs geht es weiter um den modernen Antisemitismus, morgen früh im Falle von Rap und Hip Hop, und Sein und Streit beschäftigt sich mit der Mondlandung, dem Misstrauen und Wandern.
Die Unordnung der Dinge
In den Lehrplänen der Sozialen Arbeit kommt Rechtsextremismus nicht vor, wie auf einer Tagung beklagt wurde, von der die FAZ berichtet. +++ Ulrike Baureithel erinnert sich im Freitag daran, wie sie nach Landwasser zog – ein mit sozialdemokratischem Idealismus hochgezogenes Viertel, das inzwischen zu Freiburgs legendären Problembezirken gehört. Niels Boeing hat sich in einer Hamburger Ausstellung über die Neue Heimat umgesehen und denkt ebenfalls im Freitag über Wurzeln, Anspruch und Verdienste des 1982 implodierten Wohnungsbaukonzerns nach. +++ Die Zeitungen sterben aus, wie Werner Zillig bei Telepolis mit Sorge beobachtet und nach Gründen und Auswegen sucht. +++ Der Freitag unterhält sich mit Jean Ziegler über seine Hoffnung, die protestierenden Jugendlichen würden dem Kapitalismus den Garaus machen. +++ Julius Wolf wiederum erklärt im Freitag, warum alles danach aussieht, als würde Donald Trump im nächsten Jahr als US-Präsident wiedergewählt werden. (Empfohlen sei hier auch das einleitende Photo, über das sich trefflich meditieren lässt.)
Was ist los mit der NZZ?
Die NZZ hat diese Woche bezeichnendes Lob bekommen, als der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen bekannte, die Zeitung sei für ihn wie „Westfernsehen“. Stefan Niggemeier schaut bei Übermedien, was an dem Umvolkungstext dran ist, der für den (in der Analogie bleibend: Ex-Stasi-Leiter) Maaßen zum Anlass seines Tweets wurde, während Cornelius Oettle in der taz resümiert, wie sich die NZZ an solvente Rechtspopulisten im großen Nachbarland heranwanzt, etwa mit immergleichen Artikeln gegen „Sprechverbote“ und „politische Korrektheit“.
Trotz Philosophie
Laune kommt von Luna: Klaus Bartels denkt in der NZZ über die Faszination nach, die der Mond auf den unsteten Menschen ausübt. +++ Die dpa verbreitet, dass Richard David Precht sich von der Politik mehr Mut zum Verbieten wünscht. +++ Anfang August ist Adornos 50. Todestag und der Tagesspiegel blickt aus diesem Anlass auf die Frankfurter Adorno-Vorlesungen sowie einen neu edierten Adorno-Vortrag über Rechtsradikalismus. +++ Zum 17. Geburtstag der „Zeitschrift trotz Philosophie“ gibt es fette Rabatte auf alle bewährten Hefte.