Links der Woche, rechts der Welt 17/18

Die Maschinen nehmen uns die Arbeitsplätze weg!

Uwe Jean Heuser, Caterina Lobenstein, Kolja Rudzio und Heinrich Wefing gehen in der ZEIT ausführlich der Frage nach der Zukunft der Arbeit auf den Grund. Denn was sollen wir den ganzen Werktag machen, wenn uns immer mehr Tätigkeiten von Maschinen abgenommen werden? Es droht eine dystopische Spaltung der Gesellschaft – und es lockt eine paradiesische Freiheit. (25.04.18)

 

Wissenschaft hier, Glaube da

Der gelernte Atomphysiker Hans Widmer beschreibt in der NZZ, wie bescheiden und vernünftig die Wissenschaft vorgeht, wenn sie erklärt, wie es sich mit der Welt verhält, und dabei ihre Grenzen respektiert. Jenseits derer beginnt der Glauben, der darum selbst den rationalsten Naturforschern Geborgenheit und Trost spenden kann. (25.04.18)

 

Der Sitz aller Sprachen

Mit Hirnscannern sucht man nach dem Sitz von Chomskys Universalgrammatik. Stefanie Kara unterhält sich für die ZEIT mit der Neuropsychologin Angela Friederici, die im Broca-Areal das Sprachorgan gefunden haben will und erklärt, was das für die Philosophie bedeutet. (25.04.18)

 

Wohlstand heißt verbrauchen können

In der ZEIT denken Roman Ehrlich und Michael Disqué darüber nach, was der Müll auf der Straße über den in den Birnen unserer Zeitgenossen verrät. Denn Verantwortung für Sauberkeit und Ordnung zu übernehmen scheint nicht besonders sexy, seinen Abfall irgendwo hinzuschmeißen dagegen wie ein politisches Statement. (27.04.18)

 

Dem allgemeinen Stumpfsinn trotzen

Spätestens seit dem Eichmann-Prozess hat „Pflichterfüllung“ einen üblen Leumund. Raoul Löbbert versucht sich in der ZEIT an einer Ehrenrettung der protestantischen Tugend und muss sie erstmal vom digitalkapitalistischen Karrierismus und dem Preußen-Revisionismus der AfD abgrenzen. Denn die trotzige Arbeit für den Nächsten macht die wahre Demut und Würde der Sterblichen aus. (27.04.18)

 

Bücher

Auch die NZZ bespricht Michael Butters „Nichts ist, wie es scheint“, worin er Verschwörungstheorien und ihre psychosoziale Funktion untersucht – außerdem hat die NZZ ein nettes Quiz zum Thema. +++ Nicht ganz überzeugt zeigt sich Otfried Höffe ebenfalls in der NZZ vom Buch „Staat ohne Gott“ des Rechtsphilosophen Horst Dreier, der darin mit reichlich Verfassungspositivismus über den säkularen Staat nachdenkt; die FAZ dagegen scheint recht zufrieden damit, wie Dreier das Böckenförde-Diktum durch- und nachdenkt. +++ Die ZEIT stellt zwei Bücher vor, die die gar nicht so neue neoliberale Unordnung und die vermeintlichen Auswege Fundamentalismus und Populismus analysieren, nämlich Olga Flors „Politik der Emotion“ und Isolde Charims „Ich und die Anderen“. +++ Dieselbe Isolde Charim hat für die taz bei Heinz Bude nachgelesen, warum die aktuelle Stimmung der antikapitalistischen Querfront nützt. +++ Außerdem stellt die taz Emmanuelle Loyers umfangreiche Biographie von Claude Lévi-Strauss vor. +++ Alexander Mäder fragt sich bei Spektrum nach der Lektüre der neuen Bücher von Hans Rosling und Steven Pinker, ob die Warnungen vor dem Klimakollaps und Mahnungen zur ökologischen Umkehr nicht den falschen Leuten in die Hände spielen. +++ Auch die NZZ stellt Hans Roslings Buch „Factfulness“ vor, worin er gegen Denkfehler auf Grundlage unzureichenden Wissens über den gar nicht so üblen Stand der Dinge anschreibt. +++ Vor einem Weilchen wies Nils Markwardt auf die Ähnlichkeiten zwischen den Zukunftsvisionen der frühsowjetischen Biokosmisten und heutiger Transhumanisten im Silicon Valley hin. Die NZZ stellt den Sammelband von Boris Groys und Anton Vidokle vor, welcher der überraschenden Wiederkehr sozialistischer Phantasien von einer intergalaktischen unsterblichen Menschheit weiter auf den Grund geht. +++ Die WELT bespricht zwei Titel, die im Trend der Vierer-Biographien liegen: Wolfram Eilenbergers Buch über vier Philosophen der Weimarer Republik und Helmut Lethens über vier Staatsräte im Dritten Reich.

 

Radio

Welche Art von Freiheit ist gemeint, wenn wir in einer demokratischen Gesellschaft von Freiheit sprechen? Darüber diskutieren Claus Dierksmeier und Jürgen Wiebicke im Philosophischen Radio des WDR 5. Morgen früh unterhalten sich bei Essay und Diskurs Michael Kimmage und Sibylle Salewski im DLF über die USA und die Idee des Westens, mittags geht es bei Sein und Streit ausgiebig um Karl Marx und was es mit Fluchen und Schimpfen auf sich hat, kann man hier nachhören, verdammte Fickscheiße nochmal.

 

Lichtspiele

Bernhard Wiens hat für Telepolis bereits die Dokumentation „Marx und seine Erben“ gesehen, die ab heute auf arte läuft und biographische Stationen mit heutigen Interpreten und Epigonen verbindet. Hier geht es zur Mediathek.

Zu den ethischen Fragen unseres Umgangs mit Künstlicher Intelligenz empfehlen Paul Bloom and Sam Harris in der New York Times die Netflix-Serie „Westworld“.

 

Das Weitere und Engere

Zum Auftakt einer Essayreihe über das Anthropozän erklären Jörg Häntzschel und Alex Rühle in der SZ, was es mit dem Begriff auf sich hat und welche intellektuellen Folgen es hat, den Menschen als Naturgewalt zu begreifen. +++ Mit der Kontingenz verhält es sich noch ärger als gedacht, denn der Zufallscharakter der Quantenphysik gilt als ziemlich sicher und lässt Raum für einen würfelnden Gott, wie Robert Gast bei Spektrum schreibt. +++ Die FR unterhält sich mit der Extremismusforscherin Julia Ebner über die Einigkeit von Islamisten und Rechtsextremisten. +++ Im 6. Teil seines kleinen Karl-Marx-Lexikons bei Telepolis erklärt Bernhard Wiens die Begriffe „Kommunismus“, „Diktatur des Proletariats“ und „Pariser Kommune“. +++ Die FAZ kommentiert den jüngsten Vorstoß des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, die ohnehin durchökonomisierten Hochschulen endgültig zu Fachkräftefabriken zu degradieren. +++ Im Begleitschreiben denkt Leopold Federmair über die Sentenz „Ich weiß, daß ich nichts weiß.“ des Sokrates nach. +++ Und noch was zum „Knobeln“: Die WELT bringt „7 philosophische Rätsel, die dein Gehirn auf Touren bringen“ (weil ja die unabweisbaren Fragen, die sich die Vernunft vergeblich stellt, „doch irgendwas bringen müssen“).

(Photo: 955169, pixabay.com, CC0)

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