Links der Woche, rechts der Welt 18/18

Die Geburt der Biologie

Aristoteles machte sich bekanntlich nicht nur Gedanken, sondern war auch einer der ersten empirisch forschenden Naturwissenschaftler. Matthias Glaubrecht zeichnet im Tagesspiegel nach, wie Aristoteles in seinem Exil auf Lesbos mit zoologischen Studie die Biologie begründete, die ihren Stammvater gerade wiederentdeckt. (01.05.18)

 

Alles ist miteinander verbunden

Und noch ein Wissenschaftspionier: Ottmar Ette erinnert in der ZEIT an den großen Forschungsreisenden Alexander von Humboldt, der sich nicht mit der Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben, zufrieden geben wollte, sondern in den südamerikanischen Tropen eine bis heute vorbildliche Wissenschaftskunst in Bewegung begründete. (02.05.18)

 

Die Herrschaft des Gestells

Im Silicon Valley wird jede Menge Heidegger gelesen, trotz oder wegen seiner Technikkritik. Adrian Daub erinnert in der NZZ daran, dass Heidegger-Exegese an der US-Westküste eine lange Tradition hat, die auch auf die dortige Technologie-Industrie einwirkt und heute ihren sonderbaren Transhumanismus antreibt. (02.05.18)

 

Spiel das Trump-Spiel!

Der Handelsstreit zwischen Trumps USA und der EU ist ein Fall für die Spieltheorie, wie Nikolaus Piper in der SZ schreibt. Sie vermag Konfliktsituationen zu modellieren, um sie nüchtern zu analysieren. Nur: Welches Spiel spielt Trump in der Frage der Strafzölle und ist er wirklich ein rationaler Spieler? (04.05.18)

 

Das ewige Vor-weg-sein

Wem es gut geht, hat besonderen Grund zur Sorge, dialektisiert Herfried Münkler in der NZZ und kommt von Adam und Eva über Heidegger bis zu modernen Formen der „Sorgenbearbeitung“ durch sozialistische Utopien und den Wohlfahrtsstaat, die allesamt den „besorgten Bürger“ nicht mehr zu beruhigen vermögen. (05.05.18)

 

Karl Marx zum 200. Geburtstag

Heute könnte Karl Marx 200 Kerzen auf dem Kuchen auspusten und als wem im Marx-Jahr ohnehin noch nicht genug Marx war, der kommt jetzt am Geburtstagswochenende voll auf die Kosten.

In der ZEIT (bzw. dem entsprechenden Sonderheft) beschreibt Jan Gerber, wie Marx nach dem Scheitern der Revolution 1848 ins Exil ging und mit sich in der Bibliothek klären musste, warum die Vorhersagen des kommunistischen Manifests doch nicht eingetroffen waren. Auch Ulrike Herrmann schreibt in der taz über diese Lebensphase, in der Marx irgendwann seine Schadenfreude über die Selbstzerstörung des Kapitalismus wiederfand.

Franziska Augstein schreibt in der SZ, man habe Marx nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zu früh abgeschrieben, denn da ging das, was er genauer als andere beschrieben hat, mit Globalisierung und Digitalisierung erst so richtig los. Auch die ZEIT will von schlauen Leuten wissen, ob sich die Marx-Lektüre heute noch lohnt, und sie geben reichlich Auskunft, mit dabei u.a. Heinz Bude, Richard David Precht und Wolfgang Streeck. Dietmar Dath dagegen ist seit seiner Jugend begeistertter Marx-Leser und hat eine 100-seitige Einführung zum Anfixen geschrieben – über all das gibt er Auskunft im Interview mit dem Freitag. Und auch einer der unvermeidlichen Beiträge über den „Massenmörder Marx“ sei verlinkt: Karen Horn portraitiert ihn in der NZZ als Denker, Agitator und Märchenonkel, der seine Thesen immer wieder überarbeiten musste (!) und ohne den der barbarische Totalitarismus des 20. Jahrhunderts nicht möglich gewesen wäre.

(Photo: Daniel Teich, pixabay.com, CC0)

Der Tagesspiegel berichtet, wie Trier den berühmt-berüchtigten Sohn der Stadt „würdigt“, denn ihn zu feiern traut man sich nicht trotz von China gespendeter Statue und Günther Jauch, der Marxens Geburtsurkunde vorliest. Auch die FAZ berichtet mit Video von der Trierer Marx-Festspielen inkl. der Souvenirbuden.

Apropos Video: Letzte Woche ward hier bereits auf die arte-Doku „Marx und seine Erben“ hingewiesen, diese Woche nun kam im ZDF ein Biopic oder Dokudrama mit Mario Adorf als Karl Marx, von dem sich die FAZ aber arg enttäuscht zeigt.

Bernhard Wiens setzt bei Telepolis sein kleines Marx-Lexikon fort, diesmal mit den Stichworten „Utopischer Sozialismus“ und „Stundenzetteltheorie“, und die ZEIT wartet zu guter Letzt mit einem Karl-Marx-Quiz auf.

 

Radio

Im Philosophischen Radio des WDR 5 unterhält sich Jürgen Wiebicke mit Nina Verheyen, die auch ein Buch darüber geschrieben hat, über den Begriff des Leistung. Nebenan im DLF kommt heute Abend die Lange Nacht über – natürlich – das Geburtstagskind Karl Marx. Morgen Mittag geht es bei Sein und Streit u.a. um 1968, Bruno Latour und den Weltlachtag.

 

Nur mal kurz

Jakob Augstein arbeitet für den Freitag am „Hegelplatz 1“, aber das reicht ihm nicht, er imaginiert sich in die Tübinger WG von Hegel, Hölderlin und Schelling. +++ Florian Freistetter schreibt bei Spektrum über den mathematischen „Erwartungswert“ und seinen Nutzen und Nachteil in Bezug auf Glücksspiele. +++ Der Germanist Sören Stumpf erforscht die sprachlichen Mittel, die Verschwörungstheorien so attraktiv machen, und erklärt im ZEIT-Interview, warum das auch nicht viel hilft. +++ Im aktuellen Lichtwolf zum Thema „Milchmädchen“ gibt es – neben Essays u.a. über Marxens Haushaltskasse, Absagen, Rudolf Bindings Kitsch, Charbonneaus Forschrittskritik und die Unschuld des Pilatus – auch viele schöne Milchmädchenrechnungen. Einige derer, die es nicht ins Heft geschafft haben, stehen hier und hier im Internetz.

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