Links der Woche, rechts der Welt 07/19

Egalität, Solidarität und Ambiguität im blauen Dunst

Mit der Zigarette geht es zu Ende, wie Nils Markwardt in der ZEIT dokumentiert und sich für Gesundheit und Umwelt freut. Damit verschwindet aber auch eine 400-jährige Tabakkultur, die von der Reklame überformt, in ihrem Kern aber zutiefst humanistisch war und von Markwardt nachgezeichnet wird. (11.02.19)

 

Der telepathische Computer

Es ist bereits möglich, mittels Hirnstrommessung Buchstaben zu tippen. Christian Wolf beschreibt bei Spektrum den Stand der Medizintechnik, die demnächst dank Künstlicher Intelligenz Hirnaktivität in Sprache umzuwandeln und diese direkt aus dem Schädel auszulesen im Stande sein könnte. (12.02.19)

 

Auf die Fresse

„Keine Sportart hat Künstler dermaßen fasziniert und inspiriert wie das Boxen“, schreibt Walter Rüegsegger in der NZZ anlässlich der Kinorückkehr Rocky Balboas. Neben einer Kinogeschichte der Boxfilme seit Charlie Chaplin gibt es darum auch eine Kultur- und Philosophiegeschichte der Boxbegeisterung. (13.02.19)

(Photo: stokpic, pixabay.com, CC0)

Bücher

Das Ringen der Weltmächte USA und China wird voraussichtlich auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz ausgetragen, die wiederum den Alltag umkrempelt, so die These von Kai-Fu Lee, dessen Buch „AI Superpowers“ von der NZZ vorgestellt wird. +++ Martin Mahner erklärt in seinem Buch, wieso die Naturwissenschaften einer metaphysischen Grundlage bedürfen, und Spektrum ist nicht ganz überzeugt davon. +++ Auch die ZEIT bespricht Francis Fukuyamas Buch „Identität“, wonach Opfernarrative und Identitätspolitik der Demokratie schaden. +++ Die WELT rezensiert Dieter Langewiesches Studie „Der gewaltsame Lehrer“ über Europas Kriege in der Moderne. +++ In den 1950ern hat sich Hans Blumenberg mit Feuilleton-Glossen unter Pseudonym was dazu verdient und der Tagesspiegel freut sich, dass diese frühen Arbeiten wieder ausgegraben wurden.

 

Bild und Ton

David Schalko hat Fritz Langs Klassiker „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ neu verfilmt (natürlich zeitgemäß als Serie), was eigentlich gar nicht geht, geht aber doch, wie die WELT findet und die rechtspopulistische Machtergreifung trefflich inszeniert sieht. Das Original gibt es auch auf Youtube und ebd. den Trailer des Remakes:

Das Philosophische Radio des WDR 5 befasst sich weiter mit Politik- und Politikerverachtung. Diesmal unterhalten sich Thomas Fuchs und Jürgen Wiebicke über das überforderte Subjekt. Im DLF kommt heute Abend die Lange Nacht über die Stanford University, morgen früh geht es bei Essay und Diskurs um Afrikas postkolonialen Diskurs, u.a. mit Achille Mbembe und Felwine Sarr. Mittags sind u.a. Tempolimits, Abtreibungsverbot und Donna Haraway die Themen bei Sein und Streit.

 

Aus den Wissenschaften

Die Frankfurter Unibibliothek hat ihre liebe Not, Bücher vor dem Zerfall zu bewahren, wie die FR berichtet. +++ Deutsche Universitäten versuchen seit einem halben Jahrhundert, der Studi-Massen Herr zu werden, u.a. mit der Kapazitätsverordnung, deren Sinn und Unsinn die FAZ beschreibt. +++ Niedersachsen hat sich ein utopisches, fast schon humanistisches Bildungsprogramm bis 2040 aufgegeben, nur fehlen wohl die Ressourcen dafür, wie in der FAZ zu lesen ist. +++ Die FAZ berichtet außerdem über eine Studie, die untersucht hat, warum sich Forscherinnen für oder gegen hochriskante Versuche aussprechen. +++ Doch erstmal hierbleiben: Laut Telepolis ist das Unternehmen Mars One, das Leute ohne Rückflugticket zum Nachbarplaneten bringen wollte, pleite.

 

Die Unordnung der Dinge

Gärtnern und Emanzipation: Die FAZ erinnert an die ersten Gärtnerinnen, die sich Ende des neunzehnten Jahrhunderts an die vermeintliche Männerarbeit im Freien machten. +++ Telepolis berichtet über eine Studie, die einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Genozid an den amerikanischen Ureinwohnern und der Kleinen Eiszeit herstellt; vgl. dazu auch LW63 („Genozid für Fortgeschrittene“). +++ Rutger Bregman hat in Davos für Aufsehen gesorgt, indem er den Reichen und Mächtigen dort vorhielt, sie mögen doch erstmal wie normale Leute auch ihre Steuern zahlen. Die FR unterhält sich mit ihm über Davos und die Eliten dieser schlechten Welt. +++ Björn Vedder hat ein Buch über den reichen Pöbel geschrieben und gibt im Interview mit dem Freitag Auskunft über eine humanistisch fundierte Kritik der gesellschaftlichen Schichten und ökonomischen Strukturen. +++ Dazu kann man die Pet Shop Boys hören, die laut taz einige neue, von sozialdemokratischem Denken geprägte Lieder herausgebracht haben.

 

Trotz Philosophie

Richard David Precht fragte schon erfolgreich, wer er sei und wie viele, und hat die Fragestellung laut Tagesspiegel jüngst mit Blick auf die digitalen Identitäten verschärft. +++ Letzte Woche jährten sich Geburts- und Todestag Thomas Bernhards. Da der Mann auch ein wunderbarer Städtebeschimpfer war, hat sich jemand die Mühe gemacht, alle bernhardschen Ortsbeschreibungen in einer Google-Karte aufzuzeigen. +++ „Worüber denkt Thomas Fuchs nach?“, fragt die ZEIT: über Freiheit und Überforderung. +++ In seiner Spektrum-Kolumne fragt Matthias Warkus, was Schönheit in der Architektur ausmacht.

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