Links der Woche, rechts der Welt 08/18

Zur Förderung der medialen Urteilskraft

Die Nerven liegen im Medienzeitalter blank, wusste schon McLuhan und Bernhard Pörksen erinnert in der ZEIT daran sowie an die Verantwortung der Rezipienten, die stets auch Sender und in der utopischen „redaktionellen Gesellschaft“ sich dessen bewusst sind: Neugier, Skepsis und Redlichkeit sollten darum in einem eigenen Medien-Schulfach vermittelt werden. (20.02.14)

 

Von der Zigeunerwarntafel zur Kripo

Mit dem Handel wuchs auch die Kriminalitätsfurcht in der frühen Neuzeit. Karl Härter schildert im ZEIT-Sonderheft zur Geschichte der Kriminalität, wie die Obrigkeit mit innovativer Repression auf die Beschwerden über Vagabunden reagierte und sich daraus im 19. Jahrhundert die Kriminalpolizei entwickelte. (21.02.18)

 

Eine Theorie für alles

Bei Spektrum bringt Christopher Schrader ein Portrait Werner Heisenbergs, auf den der mystische Begriff der „Weltformel“ zurückgeht. Von Heisenbergs Versuch ist heute nur noch sein großes Scheitern bekannt, weshalb Schrader daran erinnert, was die Heisenberg-Pauli-Gleichung wollte, was sie kann, was nicht und was Quark und Geister, nicht jedoch Philosophie darin verloren haben. (21.02.18)

 

Da kann man ruhig mal klatschen

Die NZZ bringt einen gekürzten Essay von Steven Pinker zur Erinnerung an das in Sachen Aufklärung erreichte. Gewalt und Armut nehmen ebenso ab wie Diskriminierung, Umweltverschmutzung und Kindersterblichkeit, kurzum es gibt keinen Grund, mit Schwarzmalerei in den Fatalismus zu verfallen, der den weiteren Fortschritt tatsächlich bedroht. (21.02.18)

 

Ohnesorg, Meinhof, Adorno

Auch Bersarin blickt in seinem Blog Aisthesis mit einem zweiteiligen Essay zurück auf 50 Jahre 1968. Insbesondere erinnert er an die prägenden zeithistorischen Ereignisse der Generation und das schwierige Verhältnis zwischen Theorie und Praxis sowie an das der Frankfurter Schule zum gesellschaftlichen Aufbruch ringsum, der nicht aus heiterem Himmel kam. (22.02.18)

 

Unser Vordenker des Zeitgeists

Normalerweise gibt es hier nur deutschsprachige Links, aber wenn der New Yorker über Schlotterdeik anlässlich seines 70. Geburtstags schreibt, ist eine Ausnahme geboten. Thomas Meaney ist mit Sloterdijk unterwegs gewesen und liefert ein interessantes Sittengemälde des politisch-intellektuellen Deutschlands aus US-amerikanischer Sicht. (26.02.18)

 

Bücher

Mit dem SUV zum Biomarkt fahren ist Ausdruck der imperialen Lebensweise, die Ulrich Brand und Markus Wissen in ihrem gleichnamigen Buch über die Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus analysieren; die taz stellt es vor. +++ Der Freitag empfiehlt die beiden jüngsten Bücher der „Star-Feministin“ Rebecca Solnit auch und gerade Männern zur Lektüre. ++ Der Freitag freut sich auch über den vierten Teil von Michel Foucaults Geschichte der Sexualität, worin er sich besonders dem Verhältnis zwischen Christentum und untenrum widmet. +++ Keine Rezension, sondern eine Lesenotiz zur nüchternen Einführung in Populismustheorien von Dirk Jörke und Veith Selk legt Leonie Holthaus im theorieblog vor. +++ Der Anthropologe James C. Scott hat ein Buch darüber geschrieben, warum die Menschen sesshaft wurden, und erklärt im ZEIT-Interview, dass das eine rätselhaft ungünstige Entscheidung war.

(Photo: Kapa65, Karsten Paulick, pixabay.com, CC0)

Das Weitere und Engere

In der SZ kommentiert Christian Kreiß ein Problem, von dem die Philosophie selten betroffen ist: Die interessengeleitete Finanzierung von Forschung durch Lobbygruppen und Industrie. +++ Christiane Gelitz beschreibt bei Spektrum die Ursachen und Symptome des umgekehrten Kulturschocks, den man zum Beispiel nach der Rückkehr aus einem Auslandssemester erleidet. +++ Ebenfalls bei Spektrum stellt Heiko Ernst die Studien des Psychologen Keith Payne und Soziologin Rachel Sherman vor, denen zufolge soziale Ungleichheit auch ihre Profiteure unglücklich macht. +++ Die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt und steigt, wie die FAZ meldet, und gerade Studierende sind besonders häufig von Depressionen und Angststörungen betroffen. Die Barmer Krankenkasse hat ein Onlineberatungsangebot zum Thema. +++ Der Standard unterhält sich mit der Kognitionswissenschaftlerin Monika Schwarz-Friesel darüber, warum der Antisemitismus so fest in den Birnen der Leute verankert und einzigartig ist. +++ In seinem Hypotheses-Blog macht sich Johann-Mattis List Gedanken über den Sprachwandel und die Etymologie am Beispiel des Wörtchens „konservativ“. +++ Künstliche Intelligenz hält auch in den Medien Einzug, wie Marlis Prinzing im Standard beschreibt und darin eine neue Herausforderung für journalistische Ethik sieht. +++ Im FAZ-Blog „Der Platz für Tiere“ beschäftigt sich Henrike Schirmacher in dieser Woche mit der Polarisierung rund ums Thema Tierversuche. +++ Friederike Gräff wiederum schreibt in der taz über unser sonderbares Verhältnis zu Schweinen, die wir unsichtbar machen, einpferchen und auffressen, obwohl oder weil sie uns so ähnlich sind. +++ In der New York Times gibt es übrigens die Rubrik „The Stone“, die in unregelmäßigen Abständen sehr schöne philosophische Glossen bringt.

Schreiben Sie einen Kommentar