Links der Woche, rechts der Welt 28/21

Soziologisches

Eine nicht allzu brutale Schlachtung vornehmen zu wollen ist ein bescheidenes Verständnis von „Tierrechten“, die, wie Hilal Sezgin in ihrer FR-Kolumne klarstellt, vor allem das Lebensrecht meinen.

Teresa Koloma Beck beschreibt in der ZEIT, welche Zumutung es ist, in einer vielfältigen Gesellschaft von einem „Wir“ zu sprechen, und wie wichtig erstmal das „Du“ ist. Unter anderem um das Tier und Wir geht es auch morgen bei Sein und Streit im DLF.

Die Pandemie ist auch ein Anschauungsobjekt der Wissenschaftssoziologie: Die FAZ stellt eine Studie vor, die mit Bourdieu nachzeichnet, wie sich das Wissen um Ansteckungswege entwickelte und verbreitete.

Je weiter oben in der Hierarchie ein Menschlein steht, desto geringer seine Fehlertoleranz, wie Spektrum über eine Studie meldet, die so manch üblen Chef und Politiker erklärt.

 

Politisches

Mit der politischen Phrase des Augenmaßes und ihrer ästhetischen Bedeutung beschäftigt sich Christian Metz morgen früh bei Essay und Diskurs im DLF.

Seit über zehn Jahren wird Julian Assange von US-Sicherheitsbehörden in einem Verfahren verfolgt, das noch fragwürdiger ist, seit ein Hauptbelastungszeuge erklärte, vom FBI zu Falschaussagen gedrängt worden zu sein, wie Telepolis meldet.

Katajun Amirpur hat eine Biographie des iranischen Revolutionsführers Chomeini vorgelegt, die in der SZ dafür gelobt wird, mit den Widersprüchlichkeiten dieser umstrittenen Persönlichkeit ausgewogen umzugehen.

 

Alte Fragen bleiben

Thomas Alexander Szlezáks Platon-Buch zeigt laut NZZ, dass man den alten Philosophen nur durch das verstehen könne, was er nicht aufgeschrieben hat. Stefan Kleins „kurze Geschichte des menschlichen Geistes“ dagegen scheitert nicht nur an ihrem unbescheidenen Anspruch, wie die SZ gnadenlos kritisiert.

Über Simone de Beauvoir unterhalten sich im Philosophischen Radio des WDR 5 die beiden Männer Wolfram Eilenberger und Jürgen Wiebicke.

Der Freitag bringt einen Guardian-Text, in dem Oliver Burkeman den neurowissenschaftlichen Generalangriff auf den freien Willen einschließlich der theoretischen und praktischen Konsequenzen nachzeichnet, die es für Justiz, Ethik und menschliche Beziehungen hätte, wenn niemand mehr für Entscheidungen verantwortlich sein könnte.

 

Grüner Kapitalismus?!

Der Kapitalismus kann mit immer weniger immer mehr produzieren und so die Welt retten, meint Andrew McAfee in seinem Buch, das bei Spektrum vorgestellt wird. Albena Azmanova glaubt, den Kapitalismus mit Reformen verschönern zu können, und die SZ rezensiert ihr Buch.

(Photo: DariuszSankowski, pixabay.com, CC0)

Derweil geht das sechste Massenaussterben weiter. Und was kommt danach? Massimo Sandal blickt bei Spektrum ausführlich in die Zukunft des Lebens nach dem Anthropozän. Es ist demnach von Vorteil, klein, flexibel und vielvögelnd zu sein, um den „Faunenschnitt“ zu überstehen und die irdischen Ökosysteme zum siebten Mal wieder anzuwerfen.

 

Ohne Christentum, ohne China

Dem dynamischen Duo „Christentum und Aufklärung“ hat Kurt Flasch ein Buch gewidmet, das laut SZ zeigt, wie ernsthaft sich Blaise Pascal und Voltaire mit der Religion auseinandersetzten, um sie vor sich selbst zu retten. Christian Wolff dagegen stellte vor 300 Jahren klar, dass es für Moral keine Religion braucht, und Heiner Roetz erinnert in der FR an diese Sternstunde der Philosophie, die wie ein Großteil der europäischen Aufklärung ohne China nicht möglich gewesen wäre.

Apropos China: Zum 100. Gründungstag der Kommunistischen Partei Chinas schwärmt Wolfram Elsner in einem zweiteiligen Telepolis-Essay über das Reich im fernen Osten. In Teil 1 geht es um Chinas Rückkehr zum jahrtausendealten Großmachtstatus als Herausforderung westlicher Arroganz, Teil 2 zieht eine Bilanz der chinesischen Entwicklungserfolge.

 

Weitere Geburtstage

Die FR gratuliert Edgar Morin, der sich als Soziologe in allen Disziplinen wohlfühlt, zum 100. Geburtstag, ebenso tut es die SZ. Die FAZ wiederum gratuliert Dorothea Frede, die jüngst eine kommentierte Neuübersetzung der Nikomachischen Ethik vorlegte, zum 80. Geburtstag.

Zum 150. Geburtstag von Marcel Proust gibt Arno Widmann in der FR einen Crashkurs in eine literarische Welt, deren Autor den Mut zu Langeweile und Geschwätz hatte. Wer es damit aufnehmen kann und in französischen Klassikern bewandert ist, wird gute Chancen beim Proust-Quiz haben, das Glanz & Elend veranstaltet (Preise winken!). Nachhilfe bietet der DLF heute Abend in der Langen Nacht über Marcel Proust.

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