Links der Woche, rechts der Welt 32/21

Happy Metal

Die Metalszene hat schon immer gern mit Dystopie und Weltuntergang kokettiert und ist damit jetzt, wo es in der Klimakatastrophe ernst und konkret wird, aktueller denn je, wie der Freitag schreibt.

Ein gutes Leben ist ein glückliches, aber was ist Glück? Über diese gute alte Frage und einige Lösungsvorschläge von der Antike über Nietzsche bis in die moderne Berufswelt denkt Anne Sophie Meincke im Standard nach. Dem Glück zuträglich dürfte auch sein, loslassen und neu anfangen zu können: Warum das manchen so schwerfällt, ist Thema von Stella Marie Hombach bei Spektrum.

Ein Problem der mangelnden Streitkultur: Jeder hat seine eigene Sichtweise und kann sich dafür auf Nietzsche und Neurologie berufen, wie Gunzelin Schmid Noerr in der FR anmerkt.

Mathematische Kultur

Thomas Bayes war zu Lebzeiten ein mathematisch interessierter Pfarrer, in dessen Nachlass sich ein Ansatz der Wahrscheinlichkeitsrechnung fand, der Humes Skepsis bezüglich des nächsten Sonnenaufgangs relativiert, woran bei Spektrum erinnert wird.

Die Frage, wie alles miteinander zusammenhängt, ist eine philosophische, auch bei Hochwasserkatastrophen, wie Matthias Warkus in seiner Spektrum-Kolumne schreibt, die auch Kausalität als Frage der Wahrscheinlichkeit aufweist.

Also mehr Mathe für alle! Jo Boaler ist Mathematikdidaktikerin und rät in ihrem bei Spektrum rezensierten Buch dazu, Menschen beim Lernen vor allem Zeit zu geben. Über Bildung im weitesten Sinne unterhalten sich der Erziehungswissenschaftler Erhard Wiersing und Jürgen Wiebicke im Philosophischen Radio des WDR 5.

(Photo: Darkmoon_Art, pixabay.com, CC0)

Krisen sind Zeiten der Kritik und so hat die Gesellschaft für Analytische Philosophie (GAP) einen Essaywettbewerb zur Pandemie veranstaltet. Die FAZ erklärt der GAP, was die Hegel-Zitate bedeuten, mit denen sie ihren Sammelband schmückt. Die SZ derweil gratuliert dem Goethe-Institut, das weltweit unter diesem nicht glücklichen Label deutsche „Leidkultur“ fördert, zum 70. Geburtstag.

Neue und alte Bücher

Einige der Texte, die Claude Lévi-Strauss im Exil schrieb, sind neu aufgelegt worden und ein guter Einstieg ins Strukturdenken, wie der Tagesspiegel meldet.

Weder 1968 noch 1989 war das annus mirabilis, sondern 1977: Philipp Sarasin hat in diesem Jahr zahlreiche Ereignisse ausgemacht, die unsere Gegenwart bis heute prägen, und die FAZ lobt seine Universalgeschichte eines umfassenden Wendejahrs.

Auch die FR bespricht Wolfgang Streecks Großentwurf für die Zeit nach dem Neoliberalismus, stimmt ihm in vielem zu und ist dann doch unsicher, was dieser Nationalstaat sein soll, den Streeck gegen den Supranationalismus zu rehabilitieren sucht. Ebenfalls in der FR wird Naomi Kleins jüngstes Weltrettungsbuch rezensiert, das den Gegensatz von Kapitalismus und Klimagerechtigkeit vor allem für junge Leute von heute erklärt. Gernot und Rebecca Böhme denken unterdessen über ihr „Unbehagen im Wohlstand“ nach und ihre dilettantische Gesellschaftskritik wird bei Spektrum verrissen.

Ungleichgewichte

Götz Eisenberg denkt bei Telepolis über Velophobie als Haupthindernis der Verkehrswende in Autoschland: Das Fahrrad (und sein Fahrer) ziehen eigentümlichen Hass auf sich, weil sie eine Ahnung geben, wie viel schöner das Leben im öffentlichen Raum sein könnte.

Das Auto ist Freiheit und Klimaschutz damit Diktatur: Sebastian Seidler blickt ebenfalls bei Telepolis auf vermeintlich liberale Argumente, mit denen es sich manche zu leicht machen, damit alles bleiben kann, wie es ist – was nicht passieren wird.

Fabian Scheidler spricht im FR-Interview über das nötige neue Verhältnis zwischen Mensch und Natur, das mit einer gemeinwohlorientierten Gleichgewichtsökonomie revolutionäre Folgen und Bedingungen zugleich hat.

Natürliche und künstliche Technik

Nach Blockchain ist „Metaverse“ der nächste heiße Scheiß im IT-Kapitalismus: Die SZ gibt einen Ausblick auf virtuelle Realität mit nicht wegklickbarer Werbung. Ausführlich widmet sich die FAZ Jenny Odells Widerstand gegen die Aufmerksamkeitsökonomie: Die Digitalkünstlerin kennt sich im Internet ebenso aus wie im Park und macht vor, wie die Große Verweigerung heute aussieht – und prompt kommodifiziert wird.

Quallen sind faszinierend, wie jeder weiß, der das einschlägige Viehlosovieh-Portrait in LW49 gelesen hat, oder kürzer des Freitags A bis Z über die seltsamen Meeresbewohner und was man mit ihnen machen kann.

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