Links der Woche, rechts der Welt 45/19

Die materielle Qual der Qualia

Seit Jahrtausenden zerbrechen wir uns den Kopf, was es mit unserem Bewusstsein auf sich hat. Christof Koch zeigt sich bei Spektrum optimistisch, dass Neurowissenschaften bald rausgekriegt haben, wie die Hirnmaterie „Bewusstsein erzeugt“, dessen Sitz man bereits eingrenzen kann. (02.11.19)

 

Ein Toter ist besser als zwei

Es wird weiter debattiert, wie man autonomen Maschinen ethische Regel einprogrammiert. Valentin Widmann schert bei Telepolis aus der Debatte aus und kritisiert die Pflicht- und Verantwortungsethiker, die einen utilitaristischen Todesalgorithmus unter Verweis auf die Menschenwürde ablehnen. (03.11.19)

 

Einsteins Werk und Eddingtons Beitrag

Vor 100 Jahren wurde Albert Einstein zum Superstar der Wissenschaft. Ulf von Rauchhaupt erklärt in der FAZ spannend und auch für Laien verständlich, wie das kam, was es mit der Relativitätstheorie auf sich hat und wie sie ganz langsam das Newtonsche Paradigma ablöste. (06.11.19)

 

Vom Klimanotstand zur Ökodiktatur?

Der Mitbegründer von Extinction Rebellion bezweifelt, dass Klimaschutz auf parlamentarischem Wege im notwendigen Maße umgesetzt werden kann, und Nils Markwardt untersucht für die ZEIT, ob die Bewegung in der „Tradition des zivilen Ungehorsams steht“, ob es bloß um „gut kalkulierten Protestkarneval“ geht und was es dabei mit Ausnahmezustand und Ewigkeitskosten auf sich hat. (06.11.19)

 

Ab in die zirkelhafte Ökonomie

Jan Grossarth dekonstruiert in der FAZ den Kunstbegriff „Natur“: Er dient „als Sinn- und Projektionsfläche, aus der wir Verzichtsdogmen (als ‚Naturnotwendigkeit‘) ableiten“. Das führt zu „Klimamoralismus und Anti-Ökologismus“ und verhindert, dass wir von Ameisen lernen, wie das Müllproblem zu lösen ist. (07.11.19)

(Photo: marian anbu juwan, pixabay.com, CC0)

Bücher

Joan Wallach Scott hat ein Buch über den französischen Säkularismus geschrieben und die NZZ konzentriert sich in ihrer Rezension auf das Verhältnis der Demokratie zur (un-)verhüllten Frau. +++ Der Standard wundert sich anlässlich des Erscheinens von „Petrograd, Schanghai“, warum Alain Badiou (und Slavoj Žižek) auch 30 Jahre nach dem Mauerfall an der Idee der Revolution festhalten. +++ Demnächst erscheint das jüngste opus magnum des 90-jährigen Jürgen Habermas und die SZ war bei der Buchvorstellung mit Bundespräsident in Berlin dabei.

 

Bild und Ton

Eine Doku über die Geschichte der Genschere Crispr/Cas9 klingt erstmal nicht prickelnd, aber die ZEIT rät dennoch zum Gucken, weil nichts mehr so ist wie zuvor und noch sehr, sehr anders werden könnte:

Deutschland im 20. Jahrhundert: Im DLF kommt heute die Lange Nacht über Christa Wolf und Franz Fühmann, die einiges mitgemacht haben. Morgen geht es bei Essay und Diskurs um die Erfindung des Geldes, mit dem sich John Lanchester in einem dreiteiligen Radioessay befasst. Das neue Habermas-Buch ist eines der Themen bei Sein und Streit und Jürgen Wiebicke unterhält sich im Philosophischen Radio des WDR 5 mit Dieter Thomä über Demokratie und Heldentum, denen sein neues Buch gewidmet ist. Dolle öffentlich-rechtliche Absatzförderung!

 

Berichte aus der Akademie

Die ZEIT hat Experten und Betroffene gefragt, wie man mit sieben Katastrophen während der Promotion umgehen kann. +++ Das Pentagon hat ein Gremium eingerichtet, um einen Ethik-Kodex für autonome Waffensysteme zu entwickeln, und Telepolis zerreißt das Ergebnis in der Luft. +++ Der westliche Individualismus könnte eine Folge der mittelalterlichen Westkirche sein, wie der FAZ-Kommentar einer Studie mutmaßt. +++ Hans Ulrich Gumbrecht hat von und in den Geisteswissenschaften gut gelebt und kündigte nun in der NZZ ihr baldiges Ende an. Andreas Kablitz schaut für die FAZ nach, was an seinem Abgesang dran ist.

 

Die Unordnung der Dinge

Wer ist eigentlich diese Elite? Telepolis bringt einen Auszug aus C. Wright Mills‘ soziologischer Studie „The Power Elite“, die sich freilich auf die Zustände in den USA beschränkt. +++ Rainer Schreiber macht bei Telepolis einige „Anmerkungen zur Alltagspsychologie des Faschismus“, und zwar ausgehend vom Beispiel der Verachtung von Kinderlosigkeit. +++ Mal wieder haben es Rechtspopulisten geschafft, der Gesellschaft eine Debatte aufzunötigen, dieses Mal geht es um die Meinungsfreiheit, mit deren paradoxer Wahrnehmung sich Hanno Rauterberg recht luzide in der ZEIT befasst. +++ Wolf Reiser erinnert bei Telepolis an den braven Schreiner Georg Elser, der vor 80 Jahren einen Anschlag auf Hitler verübte und über den zu lange verschämt geschwiegen worden ist.

 

Trotz Philosophie

Im Historischen Museum in Frankfurt ist die Ausstellung „Schopenhauers Frankfurt“ und in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt eine Ausstellung über „Die Welt als Wille und Vorstellung“ zu sehen und die FR war schon da. +++ Der Tagesspiegel portraitiert die Berliner Rick Palm und Maik Gerecke, die den Podcast „transphilosophisch“ machen. +++ Die Datenlage ist klar, findet Vince Ebert bei Spektrum: Alles wird immer besser, allen Bedenkenträgern zum Trotz. Matthias Warkus hingegen beschäftigt sich ebd. mit dem kategorischen Imperativ und der goldenen Regel. +++ Möchten Sie ein Exemplar des Herbst-Lichtwolfs zum Thema „Todesarten“ haben?

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