Links der Woche, rechts der Welt 36/19

Uexküll und Merleau-Ponty ahnten es

Zu lange hing man dem Irrglauben an, der Körper liefere Sinnesreize, die dann verarbeitet werden und eine Reaktion auslösen. Konrad Lehmann stellt dem bei Telepolis die Denkschule der „Embodied Cognition“ gegenüber, für die Denken ohne Körper ebenso unmöglich ist wie eine Trennung zwischen Wahrnehmung und Handlung. (31.08.19)

 

Kommunalpolitischer Exportschlager

Das Magdeburger Recht war seiner Zeit (dem Mittelalter) weit voraus, wie Annett Gröschner in der ZEIT schreibt. Dessen Prinzipien (kommunale Selbstverwaltung, Dezentralisierung, freie Wahlen) wirkten vor allem in Osteuropa und waren die Grundlage für den Aufstieg des Bürgertums. (03.09.19)

 

Die Freiheit ist verbraucht

Thomas Assheuer wundert sich in der ZEIT, warum Konservative es in der Klimadebatte nicht so mit der Bewahrung der Schöpfung haben. Dazu geht er zurück zum Schisma zwischen Kultur und Natur in der Renaissance, dessen Versprechen der Naturbeherrschung von deren Folgen widerlegt wird – wie auch der Liberalismus. (04.09.19)

 

Erosionen und Explosionen im Nirgendwo

Permafrostböden sind seit der Eiszeit gefroren und tauen gerade auf. Roland Knauer erklärt bei Spektrum, was es mit diesen Bodenschichten auf sich hat, wie sich die Erderwärmung auf sie auswirkt und welche lokalen und globalen Katastrophen in ihnen lauern. (05.09.19)

(Photo: Kanenori, pixabay.com, CC0)

Bücher

Unter dem Titel „Gespräche im Weltstaat“ sind zwischen 1929 und 1997 geführte Interviews und Dialoge mit Ernst Jünger verlegt worden und Jürgen Nielsen-Sikora erklärt bei Glanz & Elend, warum das eine solche Enttäuschung ist. +++ Die FAZ stellt die gesammelten Werke des Islamwissenschaftlers Josef van Ess vor, der den Salafismus widerlegte und die liberal-rationale Glaubensschule der Mu’taziliten würdigte. +++ Walter Chandoha ist der in diesem Jahr verstorbene Ahnherr des cat content und die NZZ stellt den Prachtband mit seinen zwischen 1942 und 2018 aufgenommenen und höchst einflussreichen Photos der Vierbeiner vor.

 

Bild und Ton

100 Jahre Bauhaus gehen zu Ende, weshalb der Tagesspiegel den arte-Sechsteiler „Die Neue Zeit“ empfiehlt, in dem eine Riege deutscher Schauspieler das Leben von Walter Gropius & Co. nachzeichnet. (Direkt zur Mediathek.)

Was lässt sich programmieren? Heute Abend kommt im DLF die Lange Nacht der Algorithmen und Programmiersprachen, ehe es morgen früh in Essay und Diskurs um die Philosophie in der digitalen Welt geht. Bei Sein und Streit ist Vermenschlichung eines der Themen, im Philosophischen Radio des WDR 5 die Zeit.

 

Die Unordnung der Dinge

Die FR unterhält sich mit Daniel Loick über Frankfurts Stadtpolitik, die auf Verdrängung und Repression setzt. +++ Fürchtet euch nicht: Frank Biess erklärt in der SZ, warum die demokratische Angst angesichts der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg unser Freund ist. +++ Anna Prizkau schreibt in der FAZ, wie sie ihre eigene Filterblase zu verlassen versuchte und sich dabei fast selbst auflöste. +++ In Anbetracht der nach wie vor brennenden Regenwälder erinnert die WELT an Claude Lévi-Strauss‘ Buch „Traurige Tropen“ von 1955. +++ Alexander Mäder blickt bei Spektrum auf einige Einsprüche gegen Klimaschutz-Aktionismus und glaubt nicht, dass eine Öko-Diktatur die Lösung wäre. +++ Die NZZ berichtet über die Klage, die der Antinatalist Raphael Samuel gegen seine Eltern wegen seiner unfreiwilligen Zeugung anstrengt. (Mehr zum Antinatalismus übrigens steht in LW63.)

 

Berichte aus der Akademie

Telepolis wirft einen Blick hinter das Times Higher Education Ranking, das Hochschulmanager jedes Jahr in Wallung bringt. +++ Das ArchaeoGlobe-Projekt hat Belege dafür gesammelt, dass das Anthropozän schon vor 3.000 Jahren eingesetzt hat, wie die SZ meldet. +++ Die Berufsaussichten für Geisteswissenschaftler scheinen besser denn je, aber um einen Preis, den Uwe Ebbinghaus in der FAZ vorrechnet.

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