Links der Woche, rechts der Welt 18/19

Die deutsche Ideologie auf Rädern

Thomas Vašek rsikiert in der ZEIT Leib und Leben – nicht mehr in einem 420-PS-Sportwagen, sondern mit einem Großangriff auf das Deutschtum und er weiß durchaus um die Tragweite seiner Forderung, das Auto radikal in Frage zu stellen. (28.04.19)

 

Der Kunde arbeitet mit

Entsorgung ist befriedigender als Schöpfung, wie Christian Baron im Freitag schreibt, weshalb wir gerne leere Einkaufswagen zurückschieben, wie überhaupt immer mehr Tätigkeiten kostensparend auf die DIY-orientierten Kunden ausgelagert werden, die damit „Schattenarbeit“ leisten. (01.05.19)

 

Ordnungen, Mächtigkeiten und Kontinua

Heinz Klaus Strick portraitiert bei Spektrum den Mathematiker Ernst Zermelo (1871–1953), dessen Axiomsystem die von Georg Cantor entwickelte und Logiker wie Mathematiker arg beunruhigende Mengenlehre mitsamt ihrer Paradoxien bändigte. (01.05.19)

 

Früher war mehr Zukunft

Es gehört einige Verdrängung dazu, um noch optimistisch in eine Zukunft voller Krisen und Katastrophen zu blicken. Nicolas Freund denkt in der SZ über historische und aktuelle Zukunftsentwürfe zwischen Utopie und Dystopie, Apokalypse und Teleologie nach. (02.05.19)

 

Augustinus hatte keine Lust

Der „Sexualpessimismus“ durchzieht nicht das gesamte Christentum, wie Eberhard Schockenhoff in der ZEIT ein Vorurteil widerlegt, aber eben auch verhängnisvolle Prägungen wie die durch Augustinus nennt, dessen Lustfeindlichkeit erst von jüngeren Päpsten zögerlich entgiftet wird. (03.05.19)

 

Wie das Kaninchen auf die Schlange

Die rote Signalfarbe auf Klimadiagrammen kann auch lähmen, so erklärt sich Birgit Schneider in der ZEIT das Ausbleiben von konsequenten Reaktionen. Die kognitive Dissonanz wird noch dadurch verschärft, dass wir das Wetter, nicht aber das Klima unmittelbar wahrnehmen, und noch keine eingängige Erzählung gefunden ist. (03.05.19)

 

Diskursive Energieverschwendung

Claudia Mäder wundert sich in der NZZ, wie vermeintlich vernünftige Menschen von „Klimahysterie“, „Ökodiktatur“ und „Gesinnungsterror“ reden, wenn auf die Übernutzung unserer Lebensgrundlagen hingewiesen wird. (04.05.19)

 

Schamloser Sozialneid

Bei der Verurteilung des Neides sind sich alle einig, weshalb Martin Hartmann in der ZEIT zur Ehrenrettung der vermeintlichen Todsünde antritt, die schließlich in Umverteilungsdebatten stets als Totschlagargument auftaucht. Überdies ist Neid normal und gehört in demokratische Bahnen gelenkt. (04.05.19)

(Photo: insspirito, Garik Barseghyan, pixabay.com, CC0)

Bücher

Europa ist machbar, Frau Nachbar! Die ZEIT stellt den Bertelsmann-Sammelband vor, in dem Philosoph*innen konkrete Vorschläge nebst Einwänden für das künftige Europa darlegen. +++ Bringen solche Bücher was? Maike Weißpflug hat Hannah Arendts Werk darauf untersucht, wie politisch wirksam das geschriebene Wort sein kann, und der Freitag ist bei aller Skepsis gegenüber „Erzählräumen“ durchaus angeregt. +++ Außerdem wird im Freitag Elizabeth Andersons Buch „Private Regierung“ über die Tyrannei des Unternehmertums rezensiert. +++ Telepolis bringt einen interessanten Auszug aus Andreas von Westphalens Buch „Die Wiederentdeckung des Menschen“, das das neoliberale Menschenbild vom homo oeconomicus als Märchen entlarvt.

 

Radio

Darüber, wie sich die Klimakrise bzw. die nötigen Umstellungsprozesse bewältigen lassen, unterhalten sich Uwe Schneidewind und Jürgen Wiebicke im Philosophischen Radio des WDR 5. Da könnte es Zeit für Grundsätzliches werden: Zur Anregung sei die Lange Nacht über Manifeste heute im DLF empfohlen. Am Tag der Arbeit ging es bei Essay & Diskurs schon um Lucius Burckhardt, morgen früh folgt der zweite von drei Radioessays über den Pionier der Spaziergangswissenschaft. Über die Pflicht zu helfen und Deutsche am Steuer erfahren wir mittags was bei Sein und Streit. Die SZ weist u.a. auf ein Radio-Hörspiel hin, das die Norwegen-Aufenthalte Wittgensteins zusammenfasst.

 

Die Unordnung der Dinge

Henry David Thoreau ist der ideale Grüne, wie die NZZ nur schreibt, um mit dem Zeigefinger auf die heutigen Ökos zeigen zu können, die ja nicht so und darum Heuchler sind. +++ Wie schwer das mit der Meinungsfreiheit für Menschen ist, die aus repressiven Regimen geflohen sind, lässt sich in der SZ nachlesen. +++ Helikoptereltern kreisen längst auch über den Hochschulen: Die FAZ blickt auf Erziehungsratschläge für besorgte Eltern erwachsener Kinder. +++ Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert hat laut über Art. 15 GG nachgedacht und Mely Kiyak findet in der ZEIT die Reaktionen darauf peinlicher als das Lebenszeichen der SPD selbst. +++ Der politische Philosoph Gustav Landauer hat Utopien als gesellschaftliche Notwendigkeit erkannt und wird zu seinem 100. Todestag laut WELT u.a. von Grünen wieder zitiert. +++ Utopien wie diese: Im Standard blickt der Religionswissenschaftler Ernst Fürlinger aus der Zukunft zurück auf ein 2019, in dem Schülerproteste die Wende im Klimaschutz brachten. +++ Die Digitalisierung wird viele Berufe überflüssig machen und – so die Hoffnung – neue hervorbringen. Einen Ausblick auf die Stellenanzeigen von morgen gibt es in der FAZ.

 

Trotz Philosophie

Vom Vorleser bis zum Darm reicht das Spektrum der diesjährigen phil.cologne, wie in der WELT zu lesen ist. +++ Leonardo da Vincis Todestag jährt sich zum 500. Mal und die FR begibt sich auf eine linkreiche Spurensuche. +++ Bernard-Henri Lévy ist als Last Man Standing auf europäischen Bühnen unterwegs und die taz findet das eher so mittel. +++ Die neue britische Verteidigungsministerin Penelope „Penny“ Mordaunt hat Philosophie studiert und ist auch sonst eine ganz originelle Persönlichkeit, wie im Standard zu lesen ist. +++ Der Tagesspiegel stellt ganz kurz Christine M. Korsgaards pflichtethische (!) Argumentation für eine fundamentale Wende in der Tierethik vor. +++ Schon gewusst: Den Lichtwolf gibt es als Heft mit rund 100 werbefreien Seiten für 8,50 Euro (inkl. Versand) oder ab 7,45 Euro im Abonnement.

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