Die NZZ beschäftigt sich mit der Frage, warum große Naturwissenschaftlerinnen nicht die Anerkennung bekommen, die ihnen gebührt, sondern ihre Forschungsergebnisse Männern zugeschrieben werden. Dazu gibt es fiktive Interviews mit Betroffenen, darunter Hypatía. (11.03.19)
Schöner Zement unter linken Mänteln
Das Gutgemeinte ist nicht immer das Mögliche: Thomas Steinfeld weist in der SZ auf die grammatikalischen Grenzen der Gleichstellung hin, was im revolutionären Furor des Sprachempfindens ein reaktionäres Argument ist, wie Steinfeld vorauseilend zugibt. (15.03.19)
Unter Pseudonym schreibt Franka Lu in der ZEIT über Chinas spezifische Fremdenfeindlichkeit, die aus einer unaufarbeitbaren rassistischen Tradition herrührt, die sich mit den Demütigungen der Kolonialzeit und einer islamophoben Internetunkultur verbindet – und der chinesischen Regierung ganz nützlich ist. (18.03.19)
Zur Diskreditierung des Widerstands gegen neue Medien wird gern Platons antike Schimpfe gegen die Schriftsprache herangezogen. Eben diese nimmt Christoph Riedweg in der NZZ her, um Argumente gegen eine ausufernde Digitalisierung des Bildungssektor zu finden – und er findet. (19.03.19)
Die Demokratie wird von ihren inneren und äußeren Verächtern in die Zange genommen, wie Pascal Bruckner in der NZZ schreibt und daran erinnert, dass dem ausgleichenden und damit ambivalenten Wesen der Demokratie schon immer Argwohn entgegengebracht wurde. (20.03.19)
Verschwörungstheorien und Regierungsmärchen
Bei Telepolis versucht sich Alexander Unzicker an einer Begriffsklärung des Wortes „Verschwörungstheorie“. Zwar gibt es Verschwörungen, aber man kann sie nicht beliebig behaupten; gleichwohl ist auch fehlende Evidenz noch kein Signum des Spinners, wie die Wissenschaftsgeschichte zeigt. (20.03.19)
Gut gemeinter Technologiepaternalismus
In ihrer Serie über geistes- und naturwissenschaftliche Perspektiven auf Künstliche Intelligenz bringt die SZ einen Text von Sarah Spiekermann über die Rolle des Menschenbilds der Entwickler, die allzu oft vom „dümmsten anzunehmenden User“ ausgehen und ihn zum Störfaktor degradieren, der überwacht und kontrolliert gehört. (22.03.19)
Hans Ulrich Gumbrecht portraitiert weiter große Denker in der NZZ, diese Woche Jean-François Lyotard: Der fast vergessene Erfinder der Postmoderne war in den 80ern bei Gumbrecht zu Gast und dachte laut über Körperlichkeit als Bedingung des Denkens nach, wie ihm das Begehren überhaupt persönlich und philosophisch zentral war. (23.03.19)
Bild und Ton
Diese Woche kam die Fortsetzung von „Iron Sky“ ins teutsche Kino – mit Echsenhitler, Hohlwelt und noch mehr durchgeknalltem Kram, der – wie Regisseur Timo Vuorensola im Telepolis-Interview hofft – nicht so bald von der Realität eingeholt wird wie es dem ersten Teil geschah. Die FAZ bespricht den Film.
Im DLF kommt heute Abend die Lange Nacht über die Via Regia, die Königsstraße von Santiago de Compostela bis Kiew. Bei Essay und Diskurs kommen weiterhin Beiträge zum Kölner Medienkongress 2019: Morgen früh denkt Hans-Ulrich Wagner über die deutsche Radiokultur nach. Mittags geht es bei Sein und Streit u.a. um Emotions- und Identitätspolitik und der Arzt Michael Schmidt und Jürgen Wiebicke unterhalten sich im Philosophischen Radio des WDR 5 über Ethik in Heil- und Pflegeberufen.
Die Unordnung der Dinge
Die FAZ berichtet von einer Tagung, auf der insbesondere osteuropäische Wissenschaftler über den Rechtsdrall zwischen Oder und Ural diskutierten. +++ In der NZZ fragt sich Tadeusz Dabrowski u.a. mit Debord und Baudrillard, woher die Aggression nicht nur im polnischen Internet kommt. +++ Die SZ unterhält sich mit Francis Fukuyama über Würde und wie sie mit Identitätspolitik und Rechtspopulismus zusammenhängt. +++ Der Standard wiederum spricht mit Sophie Loidolt über Lügen in der Politik, Wahrheit in der Wissenschaft und was Hannah Arendt dazu zu sagen hat. +++ Der Freitag portraitiert den Politologen Werner Patzelt, der als „PEGIDA-Versteher“ u.a. den schönen Begriff „Nacheileverhalten“ für die fremdenfeindlichen Hetzjagden in Chemnitz prägte und nun am Programm der Sachsen-CDU mitschreibt. +++ Von Google gibt es ein Browser-Plugin, das mittels KI (englischsprachige) Hasskommentare identifiziert und ausblendet, wie die taz meldet. +++ Mark Lilla hält in der ZEIT gegen Bruno Latours Warten auf einen grünen Gott mit der Forderung, sich als unglückliche Nomaden zusammenzutun. +++ Luise Strothmann erklärt in der taz, welche gesellschaftlichen Verheerungen Kinderbücher anrichten, die die Lütten vor Fremden warnen. +++ Der Freitag hat elf Persönlichkeiten gefragt, was sie warum am Sprachgebrauch aufregt. +++ Die SZ beschäftigt sich aus aktuellem Anlass mit männlichem Anspruchsdenken, das viel zu oft in Gewalt mündet. +++ Der Tagesspiegel blickt auf die Schnittmengen zwischen Frauenhassern und Rechtsnationalisten, die die Soziologin Franziska Schutzbach untersucht hat. +++ Lars Jaeger schreibt bei Telepolis über den neualten Aktivismus der Klimawandelleugner, die durch die Freitagsdemonstrationen junger Leute aufgeschreckt sind.
Aus den Wissenschaften
Hat erst der neolithische Ackerbau Laute wie f und v ermöglicht? Linguistische Forschung, über die Spektrum berichtet, legt das nahe. +++ Triumph der Fachzeitschriften: Die FAZ berichtet über Alex Csiszars Studie der naturwissenschaftlichen Medien- und Publikationsgeschichte. +++ Mehr Unsicherheit wagen: Laut SZ regt sich in den empirischen Wissenschaften Widerstand gegen das goldene Kalb der statistischen Signifikanz. +++ Die FAZ portraitiert einige Studis, die kurz vor knapp eine Nachtschicht einlegen müssen, um die Hausarbeit doch noch rechtzeitig fertigzuschreiben.
Trotz Philosophie
Slavoj Žižek wird 70, arbeitet aber lieber am nächsten Buch statt zu feiern, wie wir in der SZ lesen. Auch die NZZ gratuliert dem Anarcho-Marxisten, Kryptokapitalisten, Revolutionsheidegger und Feminismusverächter mit einem Portrait. +++ Viel älter ist die Soziologie an der Uni Frankfurt: Dort steht der 100. Geburtstag des ersten Lehrstuhls an, wie die FR linkreich meldet. +++ Der Standard unterhält sich mit Michael Braungart über die kontraproduktiven Wirkungen des Überbevölkerungsdiskurses und eine neue, ökologisch sinnvolle Wirtschaftsweise. +++ Auch Alexander Mäder beschäftigt sich mit den statistischen Denkfehlern des Arguments, die Überbevölkerung sei der Schlüssel zur Lösung aller ökologischen Probleme. +++ Es gibt einen neuen Lichtwolf – zur Not.