Links der Woche, rechts der Welt 11/19

Girard wartet nicht mehr auf den Gott

Die NZZ bringt ein Interview von Robert Pogue Harrison mit dem 2015 verstorbenen Anthropologen René Girard, in dem dieser anhand von Opferritualen und Lynchmorden seine Mimesis-Theorie erläutert, die auch im Silicon Valley höchst beliebt ist. (10.03.19)

 

Vom Nutzen und Nachteil des Strafens

„Strafe muss sein“, heißt es ganz gern, allerdings wird dabei vom Lustgewinn geschwiegen, den der Strafende davon hat, worauf Urs Hafner in der NZZ aufmerksam macht. So human der Justizvollzug in liberalen Gesellschaften auch sein mag, so fragwürdig bleibt das Phänomen der Strafe. (13.03.19)

 

Wo ist das Kollektiv?

Bernd Stegemann steht der kriselnden „Aufstehen“-Bewegung vor und gibt im Telepolis-Interview mit Paul Schreyer Auskunft u.a. über die „Moralfalle“, der er ein Buch gewidmet hat, wie Migration und Sozialstaat passend gemacht werden können und warum der Linken die Erzählung abhanden gekommen ist. (14.03.19)

 

MINT denkt nicht

In den USA befinden sich die Geisteswissenschaften seit der Finanzkrise 2008 im Teufelskreis aus rückläufigen Einschreibungszahlen und Sparrunden, wie Felix E. Müller in der NZZ berichtet. Die gesellschaftlichen Folgen könnten verheerender sein, als mancher Verächter von Orchideenfächern denkt. (16.03.19)

(Photo: Wokandapix, pixabay.com, CC0)

Bücher

Die ZEIT rezensiert Michael Hampes Plädoyer für eine dritte Aufklärung, um die Globalisierung menschlich zu gestalten. +++ Libertär und liberal klingt nach Freiheit, was aber damit nicht stimmt erklärt Elizabeth Anderson in ihrem Buch „Private Regierung“, das die ZEIT vorstellt. +++ Isabella Guanzini setzt dem autoritären Zeitgeist eine „Philosophie der sanften Macht“ entgegen und die NZZ stellt ihr Buch „Zärtlichkeit“ vor. +++ Das Maßhalten galt seit aristotelischen Zeiten bis neulich als tugendhaft und heute als idiotisch und feige, weshalb Philippe Garnier ein „Lob der Lauheit“ geschrieben hat, das die ZEIT wiederum lobt. +++ Michel Serres hat genug vom Immerschlimmerismus und fragt in einem Essay die titelgebende Frage: „Was genau war früher besser?“ Da wird selbst der WELT ihr Kulturpessimismus etwas peinlich und die ZEIT freut sich, dass Trump-Wähler genauso wie Bionade-Hipster abgewatscht werden. +++ Die ZEIT ist auch ganz fasziniert von Ulrich Siegs Biographie der bösen Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche. +++ Der Freitag stellt Bettina Stangneths Buch „Hässliches Sehen“ vor, das die Ethik wieder in die Ästhetik bringt.

Die Unordnung der Dinge

In Italien entsteht „eine Gladiatorenschule“ (im Stile einer SS-Ordensburg) für Rechtsnationalisten; die FR berichtet über Steve Bannons „Geschenk“ an Europa. +++ Maschinen zu unterliegen demotiviert Menschen, wie eine bahnbrechende Studie herausfand, über die Telepolis referiert. +++ Die Karl-Marx-Buchhandlung in Frankfurt wird nach bald 50 Jahren womöglich entmietet, wie die FR berichtet. +++ Fritz Habekuß kommentiert in der ZEIT den aktuellen Stand der Dinge in Sachen des falschen Widerspruchs „Wolf oder Mensch“. +++ Michael Blume zeichnet bei den Scilogs eine Linie des Ethnonationalismus von Eichmann bis zum Terroranschlag von Christchurch.

Aus den Wissenschaften

Florian Freistetter führt in seiner Spektrum-Kolumne in das mathematische Nichts ein. +++ In der Kognitionswissenschaft rückt langsam auch der konkrete Körper in seiner Bedeutung für Bewusstsein ins Zentrum des forschenden Interesses, wie die FAZ meldet. +++ Die SZ rekapituliert den Stand der Debatte darüber, ob man rechtsradikaler Provokateure zu Uni-Vorträgen einlädt oder nicht. +++ Anderswo ist die Kontrolle des Wohlverhaltens längst weit fortgeschritten, wie Meredith Haaf ebenfalls in der SZ über Moralklauseln in Arbeitsverträgen schreibt.

Trotz Philosophie

Die WELT bringt einen Auszug aus Matthias Heines Buch „Mit Affenzahn über die Eselsbrücke“, worin er sich mit der sonderbaren Begriffsgeschichte der Eselsbrücke beschäftigt. +++ Adrian Schulz überlegt in der taz: „Woher soll man vorher wissen, was man nachher gemacht haben wird?“ +++ Noch ein Beitrag aus dem Genre „Die Postmoderne ist schuld an Trump“, wofür Georg Cavallar im Standard Helen Pluckrose in den Zeugenstand ruft.

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