Links der Woche, rechts der Welt 39/18

Die Suche nach dem Prinzip

Für Spektrum moderieren Carsten Könneker und Frank Schubert ein Streitgespräch zwischen der Physikerin Barbara Drossel und dem Primatenforscher Volker Sommer über die Frage, ob es Gott gibt, hinter den Dingen eine Absicht erkennbar ist und ob Naturwissenschaften ohne Religion und Moral auskommen können oder müssen. (20.09.18)

 

Schopenhauers 1848, Teil 2

Christian Thomas setzt in der FR seinen Essay über Schopenhauers 1848 fort: Im zweiten Teil geht es um die Frage, ob Schopenhauers Revolutionsskepsis nur auf seine bürgerliche Angst ums Eigentum zurückgeht, und um die innen- und außenpolitischen Einflüsse auf die Frankfurter Ereignisse. (22.09.18)

 

Wovon ist beim Fremden die Rede?

Auch Jürgen Kaube würdigt in der FAZ den Soziologen Georg Simmel zum 100. Todestag mit einer Relektüre des „Exkurs über den Fremden“, der ungebrochen aktuelle Gedanken zur Fremdheit und Mobilität in Stadt und Welt, kurzum: Migration enthält. (25.09.18)

 

Was treibt RWE?

Christiane Schulzki-Haddouti beschäftigt sich bei Spektrum mit dem Unterschied zwischen legal und legitim, der in der Auseinandersetzung um die Rodung des letzten Überbleibsels des Hambacher Forsts deutlich wird. Der Energiekonzern RWE setzt gegen jede Vernunft sein Recht durch, an der Abschaffung der Zukunft mitzutun. (25.09.18)

 

Hitler weint um Bambis Mutter

Hans Ulrich Gumbrecht schreibt in der NZZ über die seltsame Begeisterung führender Nazis von Walt-Disney-Filmen, die mit Disneys Sympathie für die Hitlerei korrespondierte. Gemeinsamer Nenner sind die grimmschen Erlösungsnarrative, die wunderbar zu den faschistischen pass(t)en. (26.09.18)

 

Mut zur Demokratie

Claus Leggewie zeigt sich in der FAZ skeptisch, ob die politische Theorie noch einen angemessenen Blick auf die ringsum und durch und durch bedrohte Demokratie hat, wenn sie sich normativer Urteile enthält. Stattdessen wünscht er sich eine kritische Politikwissenschaft. (26.09.18)

 

Wer die Interferenz stört

Seit einem Jahrhundert versuchen Physiker und Philosophinnen zu verstehen, was die Quantenmechanik zu bedeuten hat. Anil Ananthaswamy schreibt bei Spektrum über den Teilchen-Welle-Dualismus, Wahrscheinlichkeiten, Wirklichkeiten und die Rolle des Beobachters. (26.09.18)

 

Schopenhauers 1848, Teil 3

Christian Thomas schließt in der FR seinen Essay über Schopenhauers 1848 ab: Im dritten Teil geht es um die aufgeheizte Stimmung rund um die Frankfurter Paulskirche und Schopenhauers tatkräftige Verachtung der Pöbelherrschaft und der deutschen Nation. (28.09.18)

 

Diskutieren statt verändern

Mark Lilla gehört zu den US-Intellektuellen, die der vermeintlichen Obsession der Linken mit Identitätspolitik eine Mitschuld an Trumps Wahlsieg geben. Im SZ-Interview mit Max Tholl blickt Lilla auf die Schwierigkeiten der deutschen Linken mit dem Nationalismus und auf die Polarisierung beiderseits des Atlantiks. (28.09.18)

 

Reden lernen

Silke Weber widmet sich in der ZEIT ausführlich und mit Praxistipps einiger Trainer der unter- bzw. überschätzten Kunst der Rhetorik, die Kommunikation als Schlüssel zum guten Leben preist und den scheinbar einträglichen Job des Keynote-Speakers und charismatischen IT-Führers hervorgebracht hat. (28.09.18)

 

Bücher

Markus Roth und Sascha Feuchert haben einen Sammelband mit Essays über Werke der Holocaustliteratur herausgegeben, den die FAZ als gelungenen Lektüreleitfaden lobt. +++ Jürgen Nielsen-Sikora zeigt sich bei Glanz & Elend hin und weg von Julia Shaws neuem Buch, das mit Psychologie und Gedankenexperimenten das Böse zum bloßen Begriff reduziert. +++ Anlässlich einer auf Deutsch erschienenen Anthologie portraitiert die FAZ die Zeitschrift Jacobin und ihren Gründer Bhaskar Sunkara, der mit dem sozialistischen Heft politischen Aktionismus finanziert. Auch die ZEIT widmet Sunkara, dem Jacobin und ihren Erfolgen ein Portrait. Das Ada Magazin übrigens bringt regelmäßig eigene und übersetzte Texte aus dem Jacobin. +++ Daniela Dröscher hat es als Erste aus ihrer Familie an die Uni geschafft und beschreibt in ihrem Essay „Zeige deine Klasse“ die Schwierigkeiten solcher Aufsteiger, woran die taz nur wenig auszusetzen hat. +++ Elias Canettis zwischen 1932 und 1994 verfasste Briefe zeigen ihn als nicht immer ganz sympathischen manischen Schreiber, wie die WELT in ihrer Besprechung der Edition urteilt. +++ Nach seinen Ästhetiken des Jazz und des Computerspiels legt Daniel Martin Feige eine Philosophie des Designs als eigene Disziplin und Art der Weltanschauung vor, was bei der distinktionsbewussten NZZ durchaus gut ankommt. +++ Bei Glanz & Elend wird Peter Trawnys ungewöhnliche Heidegger-Biographie besprochen, die Mut zum Fragmentarischen und Subjektiven zeigt. +++ Chantal Mouffe plädiert in ihrem neuen Buch für einen linken Populismus und Felix Breuning hat es für das theorieblog exzerpiert.

 

Bild und Ton

Es werde Licht: Paris gehört zu den ersten Großstädten, die sich eine umfassende Nachtbeleuchtung gönnten, und die FR empfiehlt den assoziationsreiche Dokufilm „Von der Dunkelheit ins Licht“, der noch bis Mitte November in der arte-Mediathek zu sehen ist.

(Photo: Free-Photos, pixabay.com, CC0)

Um die Zeit und ihre Wahrnehmung geht es im Philosophischen Radio des WDR 5 mit Norman Sieroka und Jürgen Wiebicke. Im DLF kommt heute Abend die Lange Nacht über Léo Taxil, der das Frankreich des 19. Jahrhunderts mit Lügengeschichte und Kolportage in Atem hielt. Morgen folgt in Essay und Diskurs der zweite Teil von Thomas Meyers Feature über die „Konservative Revolution“. Mittags geht es bei Sein und Streit u.a. um Integration, Rechthaberei und Spinoza. Das Feature „Hundemenschenwelten“ denkt u.a. mit Donna Haraway und ihrem Hund über den Biokapitalismus nach.

 

Das Weitere und Engere

Ist schon 1. April? Die FR meldet, Scrabble solle zum 70. Jubiläum in „Buchstaben-Yolo“ umbenannt werden. Da wird doch der Schwanzhund im Ziegenbus verrückt! +++ Wolfram Eilenberger hat zu viel Ayn Rand gelesen und lässt uns in der ZEIT daran mit seiner Verteidigung der Gründerelite gegen die großmäuligen 99 Prozent der Habe- und Taugenichtse teilhaben. +++ Noch ein Lob Georg Simmels zum 100. Todestag spricht Arno Widmann in der FR aus, indem er einige der 16.000 Seiten der Gesamtausgabe empfiehlt. +++ Der Tagesspiegel unterhält sich mit Sabine Balke, die die Feministische Sommeruni in Berlin mitorganisiert hat und der Frauen- und LGBTI-Bewegung rät, sich nicht spalten zu lassen. +++ Außerdem war der Tagesspiegel dabei, als ein Kreuzberger Philosoph und ein AfD-wählender Anwalt im Rahmen von „Deutschland spricht“ in den Dialog traten. +++ Die ZEIT bringt einen offenen Brief gegen die Gründung der Gruppe „Juden in der AfD“: „In einer Gesellschaft, wie sie der AfD vorschwebt, sind alle Minderheiten und alle Demokrat*innen in Gefahr.“ +++ In Frankreich machen Erzkonservative rund um die Enkelin von Jean-Marie Le Pen eine eigene Uni auf, um die künftige Nationalismuselite heranzuzüchten, wie in der WELT zu lesen ist. +++ Die SZ rekapituliert eine ebenfalls in Frankreich laufende Debatte darüber, ob und wie der Islamismus uns zu einer Auseinandersetzung mit Religion, Werten und Sterblichkeit zwingt. +++ Im Philosophicum Lech ging es dieses Jahr um Höllenqualen und die NZZ rapportiert die Vorträge über das Unerträgliche, die Folterknechte und postmortale Strafen, anschließend gab es „Kässpätzle und Apfelstrudel“. +++ Malte Härtig ist Koch und Philosoph und lobt im taz-Interview die japanische Küche als Augenöffner in beiden Disziplinen. +++ Nicht nur ungeduschte Srtgenossen im ÖPNV scheinen von einer Wolke umgeben zu sein: Telepolis berichtet über die anlaufende Erforschung des Exposoms, in dem eigene Ausdünstungen und die Umwelt miteinander wechselwirken. +++ Der Verlag hat den Prozess gegen die AfD verloren.

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