Einleitung ins Titelthema „Schotter“

„Die Direction der Südbahn-Gesellschaft versendet ein Communiqué, welches beweist, dass Hochmuth auch noch nach dem Falle kommt und dass bei einem Eisenbahnunglück sich auch dreiste Ueberhebung und Größenwahn einzustellen pflegen. (…) Welch ein Trost für die schwerverwundeten Passagiere, wenn sie hören werden, dass „der Oberbau der Südbahn sich in bestem Zustande befindet“, (…) und das Schotterbett aus reinem Grubenschotter besteht.“
– Karl Kraus, Die Fackel Nr. 13, Aug. 1899, S. 10f.

von Timotheus Schneidegger, 20.06.2015, 13:50 Uhr (Zwote Dekade, 1/2)

Auf der Mainzer Minipressen-Messe 2011 geschah es: Wohl unter dem Eindruck des letzten Castor-Transports (der sich als der vorletzte bislang erweisen sollte) im November 2010 schlug das Institut für Polytoxikomanologie und Perspektivismus vor, weiland „Schotter“ zum Titelthema im Lichtwolf zu machen. Der Imperativ Singular des Verbs, mit dem laut Wikipedia „das Entfernen von Steinen aus dem Oberbau von Bahngleisen“ gemeint ist („mit dem Ziel, das Gleis unpassierbar zu machen“), hat den Bundestagsabgeordneten Jan van Aken, Sevim Dagdelen, Inge Höger und Diether Dehm in diesen Jahren Geldstrafen wegen der Aufforderung zu einer Straftat (§ 111 StGB) eingebracht. Auch Charlotte Roche und Bela B. hießen öffentlich das Schottern als Widerstandstechnik gegen Atommülltransporte per Bahn gut.

Vielleicht haben die Kolleg_innen auch einfach nur was im Auge gehabt und sowohl auf geröllführende Lockersedimente als auch auf grobe Gesteinskörnungen geschimpft. Diese und die vielfältigen dorthin führenden Prozesse sind ebenso Thema der vorliegenden Ausgabe wie die übertragene Bedeutung von Schotter als Kies, also als Kohle, also Moos, welcher allerdings nicht zur Ruderalvegetation zählt, die Schutthalden erblühen lässt, und darum in diesem Heft nix verloren hat.

Korngrößen nach DIN 4022


Lichtwolf Nr. 50

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