Ahmadineschaads Israelhetze

Des iranischen Präsidenten übereifrige Unterstützung der Palästinenser sorgt für internationale Irritationen. Ausgerechnet Freiburg hat bereits Konsequenzen daraus gezogen.

von Timotheus Schneidegger, 29.10.2005, 22:29 Uhr (Freiburger Zeitalter)

 

Vergangenen Mittwoch (26.10.) sorgte der iranische Präsident Ahmadineschaad für Empörung, als er auf einer Teheraner Konferenz mit dem Titel „Die Welt ohne Zionismus“, sich auf den Anführer der islamischen Revolution Chomeini berufend, forderte, Israel müsse „ausradiert“ werden. Dies werde, laut Kontext seiner Aussage, durch eine neue Welle von palästinensischen Terroranschlägen geschehen. Für nicht nur Israel und die USA war diese Rhetorik dennoch die Bestätigung ihrer bösen Ahnungen die iranischen Nuklearambitionen betreffend.

Riesige Konterfeis von Chomeini und Chamenei an der Fassade des Kowsar Hotels in Freiburgs Partnerstadt Isfahan.

 

Die Äußerungen waren inhaltlich nichts neues, an den in islamischen Ländern zur Folklore geronnenen Haß gegen den Judenstaat hatte sich die Welt peinlicherweise schon fast gewöhnt. Was die weltweite, überdeutliche Ablehnung provozierte, war, daß sie vom Regierungschef der neben Pakistan wichtigsten Macht des Mittleren Ostens vorgetragen und trotz heftigster Proteste von ihm als »richtig und angemessen« bekräftigt wurden. Die EU und auch Rußland, durch seine wirtschaftlichen Verflechtungen mit Iran sonst eher beide Augen zudrückend, bestellten die iranischen Botschafter ein, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Teheran wiederum ließ seine Legaten mit Protest gegen die angebliche Gleichgültigkeit der Europäer gegenüber israelischen Menschenrechtsverletzungen in Palästina antworten. Nun ist es schon etwas abenteuerlich, wenn ausgerechnet der Iran auf Einhaltung der Menschenrechte zu pochen vorgibt. Darum legte das iranische Außenministerium am 29.10. mit der Klarstellung nach, der Iran wolle Gewalt weder anwenden, noch damit drohen, und respektiere die UN-Charta. Aus der heraus aber sieht das Land seine Weigerung, das Existenzrecht Israels anzuerkennen, legitimiert: „Iran habe schon unmittelbar nach der Revolution von 1979 sowohl Israel als auch dem damaligen Apartheidregime Südafrika vor der Uno die Legitimation abgesprochen“, eben aufgrund deren menschenrechtswidriger Politik, wie Spiegel Online es wiedergibt.

 

Empörung über Ahmadineschaads Israelhetze kam auch vom Freiburger Oberbürgermeister Salomon, der die zuvor schon umstrittene Reise nach Isfahan anläßlich des 5jährigen Bestehens der einzigen deutsch-iranischen Städtepartnerschaft nun doch absagte. Allein die im August erfolgte Wiederinbetriebnahme der Isfahaner Urankonversionsanlage, mit der der Iran sein bis dahin angehaltenes Atomprogramm trotz internationaler Proteste fortsetzte, seien „für Freiburg kein Anlass gewesen, auf den Besuch zu verzichten“ (Amtsblatt Nr.418, 29.10.). Die Äußerungen vom Mittwoch brachten das Faß jedoch zum Überlaufen. Die Badische Zeitung gibt Salomon am 28.10. so wieder, daß er nicht eine Rede zum Gedenken an die 1940 deportierten badischen Juden halten und tags darauf in ein Land fliegen könne, das Israel ausradieren will. Es sei Schade, daß die kommunalen Beziehungen zwischen Freiburg und Isfahan unter der politischen Großwetterlage leiden müssten.

Wenn schon der iranische Zwiebackjunge wie ein durchgeknallter Fanatiker aussieht…

 

Zwar türmten sich fortan Horrormeldungen von Massenkundgebungen, auf den zehntausende Iraner Ahmadineschaad lauthals unterstützten. Gänzlich geteilt wurden seine Äußerungen aber nicht. Ganz besonders nicht von den sozialen Schichten oberhalb der nicht gerade wenigen Iraner aus einfachsten Verhältnissen, die Ahmadineschaad ins Amt gewählt hatten, weil sie ihn für einen von ihnen halten, und auf Knopfdruck gegen was auch immer gerade vorgebetet wird demonstrieren. Der bei den Präsidentschaftswahlen im Juni überraschend unterlegene konservative Kandidat Rafsandschani hatte bereits Anfang Oktober deutlich Ahmadineschaads rückwärtsgewandte Amtsführung kritisiert und war von Revolutionsführer Chamenei zum Leiter des Schlichtungsrats bestimmt worden, um die Regierungsarbeit zu überwachen (BZ, 28.10., S.5). Rafsandschani stellte nun klar, der Iran habe „keine Probleme mit Juden und dem hoch geschätzten Judentum als Buchreligion.“ (Spiegel Online)

Die verhaltene Zustimmung selbst von Hardlinern im Iran wird EU-intern als Zeichen dafür gewertet, daß Ahmadineschaad „wohl mehr gesagt hatte, als er zur Unterstützung der Palästinenser hätte sagen sollen.“ (BZ, ebd.). Selbst der palästinensische Chefunterhändler Sadscheb Erakat sagte, die Forderung nach einer Zerstörung Israels sei inakzeptabel. Spiegel Online zitiert ihn mit den Worten: „Wir haben den Staat Israel anerkannt, und wir verfolgen einen Friedensprozess mit Israel.“ Ahmadinedschads Äußerungen würden daher nicht akzeptiert.

 

Dabei waren sie doch gerade als Balsam für die palästinensische Seele gedacht! Der nach dem arabischen Namen Jerusalems benannte el Kuds-Tag wurde nach der Revolution 1979 im Iran eingeführt. Antiisraelische Parolen und Demonstrationen sind seitdem ein sich jährlich wiederholendes Ritual. Bei Ahmadineschaads Forderung nach Israels Vernichtung durch palästinensische Anschläge waren laut AFP und dpa auch „Vertreter radikaler Palästinenserorganisationen“ zugegen. Die iranische Führung wirkt nun überrascht von der weltweiten Reaktion darauf.

Bei der Ausdehnung seines Einflusses im Nahen Osten stützt sich der Iran vor allem auf die schiitische Glaubensgemeinschaft, die in Syrien, im noch immer syrisch kontrollierten Libanon und im Irak die Bevölkerungsmehrheit stellt. (Grafik von wikipedia.org)

 

So sehr, daß Rafsandschani sich genötigt fühlte zu betonen, der Iran sei in Palästina nicht selber präsent, sondern unterstützte die Palästinenser lediglich „spirituell, ideologisch und medizinisch“. Derartig untertreiben kann doch nur jemand, der die Wogen glätten will. Denn in Wirklichkeit hat der Iran in der letzten Zeit seine strategische Partnerschaft mit Syrien ausgebaut. Der stärkste Muskel in Syriens Griff um den Libanon ist die schiitische Hizbollah. Mit der Organisation „Islamischer Dschihad“ hat sie zwei wichtige Gemeinsamkeiten: Beide werden vom Iran, dem Zentrum der schiitischen Religionsgemeinschaft, finanziert, und beide streben danach, Ahmadineschaads Aufruf zur Vernichtung Israels möglichst rasch umzusetzen. Der Islamische Dschihad hatte am Tag seiner Äußerung bei einem Anschlag in der israelischen Stadt Hadera fünf Menschen ermordet.

 

Der Dialog zwischen Freiburg und Isfahan soll nach dem Willen von Rathaus und Auswärtigem Amt aufrechterhalten bleiben. Wie er aber im Lichte von Irans jüngstem aggressiven Gebahren gestaltet werden kann, ist noch ungewiß. Ahmadineschaad hätte mal lieber was nettes zum Jubiläum der Städtepartnerschaft sagen sollen; die Zustimmung im Inland wäre ihm da genauso gewiß gewesen wie die im Ausland.

 

(Die Städtepartnerschaft Freiburg-Isfahan wird vor dem Hintergrund des iranischen Atomprogramms auch im aktuellen Lichtwolf (Nr. 17) behandelt.)

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