Von Besetzern, Hetzern und Schwätzern II

von Corner Stone und Timotheus Schneidegger, 30.06.2004, 20:57 Uhr (Dunkles Zeitalter)

 

Seit der Demonstration vom 19.06., auf der in erster Linie gegen die verfehlte Hochschulpolitik des Landes protestiert worden ist, aber von einigen auch gegen die verfehlte Informationspolitik des u-asta in Sachen CDU-Besetzung, ist die Debatte um die Besetzung der Freiburger CDU-Zentrale im u-asta-Forum weitergegangen. Gestern (29.06.) wurde zudem der erste Beschluß in der FSK gefasst.

Die letzte parallel zum Sonderheft des Lichtwolf (Auflage: 100 Stück; Selbstfinanzierung bis zum persönlichen Ruin) verteilte Ausgabe des u-asta-info (Auflage: alle zwei Wochen 1200 Stück, finanziert vom u-asta, d.h. von dir) informierte weder über den Rücktritt des letzten Vorstands Lisa Dietsche, noch darüber, daß ein neuer in der Pipeline liegt (Daniele Frijia, ab 01.07.). Noch nicht einmal über die Vollversammlung vom 15.06. (auch wenn eine zweiseitige Stellungnahme der Fachschaft Soziologie zu ihrem Antrag als Seitenfüller abgedruckt war).

 

Während in den letzten Wochen noch der Eindruck entstehen konnte, beiden Seiten würden die Folgen ihrer Hartnäckigkeit langsam dämmern, zeigt die erneut von AStA-Vorstand Martin Lyssenko angefachte email-Debatte, daß sich keineswegs ein Akt der Versöhnung anbahnt, wie Hegel ihn in der Phänomenologie des Geistes beschrieben hat: Das Böse gesteht, „Ich bin’s.“ und der andere setzt besser nach: „Ich bin es auch.“, um sich nicht ein hartes Herz zuzuziehen und selbst in der Schuld zu stehen.

 

Martin hat am 23.06. im email-Forum des u-asta u.a. um Entschuldigung für „die unerwarteten negativen folgen meiner auesserungen“ in der Debatte über den Umgang mit den Besetzern gebeten. Die Warnung der Fachschaft Psychologie, die „Etablierung solcher Umgangsformen [bedeute] eine Gefährdung der Strukturen des u-Modells“, schien langsam auch in den höheren Ebenen der Studierendenvertretung anzukommen. Martin war jedoch nach wie vor felsenfest davon überzeugt, richtig gehandelt zu haben, und weiter: „ich habe zudem in vollem bewusstsein meiner verantwortung als vertreter der studierenden verantwortungsvoll gehandelt.“ (wie er bereits in unserem Interview gesagt hat). Er forderte in seiner email die Besetzer und seine nach wie vor anonymen Kritiker dazu auf, sich „namentlich oeffentlich“ erkennen zu geben. Mehrfach wird die Erfüllung dieser Forderung als „Bedingung der Möglichkeit“ einer Solidarisierung des u-asta genannt, für Martin ein wahrhaft ämter-transzendierender Akt, ist er doch angeblich gar nicht mehr für den u-asta zuständig.

 

Die Antwort kam prompt. Zwar auf dem üblichen namenlosen Weg elektronischer Post, dennoch mit dem Novum, daß es sich um die gemeinschaftliche Antwort aller drei an der email-Debatte vom Mai 04 Unbekannten handelte (die sich offensichtlich auch ohne AStA verbrüdern können): Natürlich stünden die Besetzer zu ihrer Aktion (siehe auch das Interview mit Mister X), was jedoch nicht bedeuten solle, daß sie sich freiwillig der Polizei ausliefern. Gleiches gilt für Martins wortige Gegner: „ob ihre Argumente richtig oder falsch sind, wird nicht durch die Autorität ihrer Unterschriften entschieden. Zudem ist zu befürchten, dass Martin vor allem deshalb die Namen der Schreiberlinge wissen will, weil er sie, wie er mehrfach angekündigt und bis zuletzt bestätigt hat, wegen Rufschädigung verklagen will.“

Die anonymen Autoren entschuldigen sich für die Selbstverständlichkeit, mit der sie die Unterstützung des AStA gefordert hatten – daran war die Diskussion im u-Forum entbrannt – und für die unbedachte Verwendung des Wortes „Denunziation“.

Von Unterwürfigkeit aber keine Spur: Noch einmal wurde mit Nachdruck Martins Rücktritt von seinen verbliebenen Ämtern gefordert, was er vermutlich dankend ablehnt.FNORD.

 

Ein Zerfall oder eine Erstarrung des u-asta sollte für beide Seiten gleich wenig akzeptabel sein, wenn sie es mit ihren politischen Absichten so halten, wie sie sie bekunden.

Wie wenig jedoch alle Beteiligten bereit sind, ihre Fronten zu öffnen, um den u-asta nicht bis zum Zerreißen– und darüber hinaus anzuspannen, zeigte der 29.06. mit seinem FSK-Beschluß, der von Martin mit offensichtlicher Genugtuung über das email-Forum verkündet wurde. Die FSK hat beschlossen, sich nicht weiter mit dem Für und Wider einer Solidarisierung mit Studierenden zu beschäftigen, gegen die wegen ihrer Teilnahme an einer scheinbaren Aktion des Unistreiks ermittelt wird.

Die Kreativen wissen: Eine negative Reaktion ist besser als gar keine Reaktion. Entsprechend ist auch die offizielle „Nichtbeachtung“ des Antrags inklusive aller diskutierten Änderungsanträge eine überraschende Wende. Die Erleichterung der ausreichenden Mehrheit in der FSK, die der Meinung ist, daß dieses Thema damit gegessen sei und man sich wieder dem Tagesgeschäft zuwenden könne, zeugt von einem Realitätsverlust sondergleichen, wie auch die Verweigerung einer an die Studierenden gerichtete Stellungnahme der Studierendenvertretung.

Politische Apathie paart sich in einigen Fachschaften, denen alle Themen apriorisch als Betriebsstörung gelten, wenn sie vom angeblich linken Lager zur Sprache gebracht werden, auf eigentümliche Weise mit löblichem politischen Engagement.

 

In seiner triumphierenden email mit der bemerkenswerten Betreffzeile „die demokratie hat entschieden“ sah Martin in der Ablehnung des Antrags durch die FSK ein „klares zeichen dafuer, dass die besetzer den forderungen meiner stellungnahme nachzukommen haben, bevor die fsk zu einer sinnvollen stellungnahme gelangen kann.“

Eine eigenwillige Interpretation, die eine halbe Stunde nach Ende der FSK verfasst wurde und am nächsten Morgen erneute Kritik an Martins Ausdrucksweise provozierte: Die Kommunikationswege des u-asta seien „nicht zur Befriedigung persönlicher Eitelkeiten gedacht und zweitens obliegt es keinesfalls einer Einzelperson, Forderungen zu stellen, denen nachzukommen wäre.“ (Felix Schrape)

Der designierte u-asta-Vorstand und Vertreter der FS Europäische Ethnologie, Daniele Frijia, stellte klar: „Der Antrag ging relativ schnell ueber die Runden; es gab keine wirklich Diskussion (leider). Demnach ist es nicht OK, zu behaupten, dass die Entscheidung mit deinen Forderungen zu tun haette. Du hast es auf der FSK nicht mal erwaehnt!“

 

Es bleibt abzuwarten, ob die Nichtbeachtung des Themas von allen beachtet wird. Von uns jedenfalls nicht – we’ll keep you updated as things continue.

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