Unendliche Geschichte einer Habilitation

von Timotheus Schneidegger, 26.03.2004, 12:48 Uhr (Dunkles Zeitalter)

So langsam hat es sich auch bis ganz unten nach Lörrach herumgesprochen, daß bei uns ganz schon was geht. Die dort residierende Zeitschrift „Information Philosophie“ berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe, folgend auf die Mitteilung der Besetzung zweier Professoren (Hühn & Gander) dieses:

Cord Friebe hat sich mit einer Arbeit zum Unbewussten bei Freud für das Fach Philosophie habilitiert.

Nun erhebt Friebe Vorwürfe gegen Günter Figal, Inhaber des Lehrstuhl für Philosophie I: durch seinen „erbitterten Widerstand“ gegen diese Habilitation sei das Habilitationsverfahren „widerrechtlich“ um ca. 18 Monate verlängert worden. Der Dekan der Philosophischen Fakultät, Hermann Schwengel, entgegnete auf Anfrage, das Habilitationsverfahren sei zwar „außerordentlich schwierig“ gewesen, es sei jedoch „in jeder Hinsicht klar und fair abgeschlossen worden“, und man werde sich „willkürlichen Behauptungen oder gar übler Nachrede zu erwehren wissen“. Willkürlich ist aber Friebes Behauptung offensichtlich nicht, denn es gibt ein Gutachten von Thomas Würtenberger, dem Rechtsberater des Rektors, wonach der Habilitationsausschuß „rechtswidrig gehandelt hat“ (so ein Schreiben des Rektorats vom 20. März 2003).

Der Dekan hat Friebe in einem Brief vom 9. Dezember empfohlen, „nach einem wissenschaftlichen und institutionellen Zusammenhang zu schauen, der die notwendigen Entwicklungsmöglichkeiten bietet“. Günter Figal habe sich bereit erklärt, erste Kontakte zu vermitteln. Ob dies ein guter Rat ist, ist fraglich: Figal hat laut Friebe (der dafür Zeugen nennt) nicht nur im Sekretariat Hausverbot erteilt, sondern angekündigt, „ihm noch großen Schaden zuzufügen“.

Günter Figal will mit Berufung auf die beamtenrechtliche Verordnung des Landes Baden-Württemberg dazu keine Stellung nehmen.

(aus: Information Philosophie 1/2004, S.127)

Ob darin nun Schweigepflicht oder -recht drinsteht entzieht sich meiner Kenntnis. Was von dem Gutachten des Herrn Würtenberger zu halten ist, dürfte denen, die der Abschiedsvorlesung von Linksgermanist Rüdiger Scholz beiwohnten, auch zweifelhaft erscheinen (vgl. Rüdiger Scholz: „Ende. Germanist am Deutschen Seminar der Freiburger Universität 1968-2004. Ein Blick zurück – eher im Zorn.“, S.30f.; dort wirft Scholz dem C4-Professor für Öffentliches Recht vor, ein „grob fehlerhaftes Rechtsgutachten“ zur rechtswidrigen Änderung seiner Dienstaufgaben erstellt zu haben.) Wenn jedoch selbst der Rechtslakai vom Oberchef die Stirn runzelt, ist davon auszugehen, daß hier irgendwas im Argen liegt – die ohnehinnige Gerüchteküche mal ganz außer Acht gelassen.

Daß sich die Geschichte wiederhole, ist falsch. Nur ist der Weltgeist in letzter Zeit nicht sonderlich kreativ. Die unendliche Geschichte von Friebes Habilitation, die er im ersten Anlauf zurückgezogen hat, ist nur eine der jüngeren in einer ganzen Reihe von Possen, die sich hier ereignet haben seitdem die Freiburger Philosophie auf Weisung von ganz oben (nicht Gott, einen drunter! Das würde gerade noch fehlen!) zur Touristenattraktion umgebaut worden ist. (Die Rede war gerade auch nicht vom Papst!)

Man könnte über all das hier so herzlich lachen, wie es sich gehören würde, wären neben Studentenpack und den mit braungrüngepinselten Dachpappen aufgemotzten Gängen nicht immer wieder einmal auch richtige Leute davon betroffen, die durch ihre Unfähigkeit, in der sie auf die Idee kamen sich in früheren Zeiten des Freiburger Seminars zu sozialisieren, unter die Planierraupe geraten sind.

Nun ist Friebe trotzallem relativ gut durch die Testvorlesung gekommen und es gibt – an diese consolatio philosophiae sollte man sich immer klammern – auch noch richtige Philosophische Seminare in der weiten Welt. In einen „wissenschaftlichen und institutionellen Zusammenhang“, „der die notwendigen Entwicklungsmöglichkeiten bietet“, wird ihn die „Seminarleitung“ bestimmt mit gusto vermitteln, im Gespräch sind z.B. Ostfront und Madagaskar.

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